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Die Lilie und die Rose.

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Sagt mir, ihr holden Töchter der rauhen, schwarzen Erde, wer gab euch eure schöne Gestalt? denn wahrlich von niedlichen Fingern seyd ihr gebildet. Welche kleine Geister stiegen aus euren Kelchen empor? und welch Vergnügen fühletet ihr, da sich Göttinnen auf euren Blättern wiegten? Sagt mir, friedliche Blumen, wie theilten sie sich in ihr erfreuend Geschäft? und winkten einander zu, wenn sie ihr feines Gewebe so vielfach spannen, so vielfach zierten und stickten. –

     Aber ihr schweigt, holdselige Kinder, und genießet eures Daseyns. Wohlan! mir soll die lehrende Fabel erzählen, was euer Mund mir verschweiget.

     Als einst, ein nackter Fels, die Erde dastand: siehe, da trug eine freundliche Schaar von Nymphen den jungfräulichen Boden hinan, und gefällige Genien waren bereit, den nackten

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Erste Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1785, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_I_204.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)