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Denn wie wird das höhere Wesen hier vorgestellet? Als eine bekleidete menschliche Gestalt, die unter der Brust in Flügel und Schwungfedern sich verlieret, das Symbol trägt seine Bedeutung offenbar mit sich. Daß die Menschen für die Gottheit keine edlere als die menschliche, und die Morgenländer insonderheit die königliche Gestalt gekannt haben, beweisen die Religionen aller Völker; da nun aber der untere Theil unsres Körpers am meisten den Bedürfnissen unsres irdischen Daseyns bestimmt ist: so kam es darauf an, ihn bei höheren Wesen zu verhüllen oder durch Symbole zu verwandeln. In Indien steigen einige Götter und Göttinnen aus Blumen hervor und zeigen sich auf dem Kelch derselben mit dem Obertheil ihres Körpers. Bei den Ebräern war Gott entweder ganz unanschaubar, (auch jene Aeltesten auf Sinai sahn nur Himmel unter seinen Füßen, d. i. den glänzenden Schemel seines Thrones; b)[1]



  1. b) 2 Mos. 24, 10. Jes. 6, 1.


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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_320.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)