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durch ein Erdbeben versunken, die Stadt verwüstet, das Land verheeret, und den Tempel Gottes im Brande. Erschrocken fuhr er aus dem Schlaf empor, und siehe da stand mit weinendem Auge die Freundin seiner Jugend sichtbar vor ihm und sprach: „Du hast gesehen, was nach diesem geschehen wird, und zu alle diesem hast du den Grund geleget. Es stehet nicht mehr in deiner Macht, das Vergangene zu ändern: denn du kannst dem Strome nicht gebieten, daß er sich wende zu seiner Quelle, noch deiner Jugend, daß sie zurückkehre. Deine Seele ist ermattet, dein Herz erschöpft und ich, die Verlassene deiner Jugend, kann deine Gespielin nicht mehr seyn im Lande des irdischen Lebens.“ Sie verschwand mit einem mitleidigen Blick, und Salomo, der seine Jugend mit Rosen bekränzt hatte, schrieb in seinem Alter ein trauriges Buch von der Eitelkeit aller menschlichen Dinge auf Erden.

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_287.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)