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ward. Aus seiner Seite stiegs empor und war mit ihm von Einerlei Wesen. Freudig erwachte er und sahe sie und als Gott selbst die Liebliche zu ihm führte, siehe da bewegte sich die Stäte seines Herzens, denn sie war seinem Herzen nahe gewesen. „Mein bist du, rief er aus, und du sollt Männinn heißen: denn du bist vom Manne genommen.“


Darum wenn Gott einen Jüngling liebet: so giebt er ihm die Hälfte die sein ist, das Gebilde seines Herzens zum Weibe. Empfindend, daß sie für einander geschaffen worden, werden sie beide wieder zu Einem Bilde in täglich neuer Zufriedenheit und jugendlicher Schönheit. Wer aber frühe nach fremden Reizen blickt und buhlt nach Wesen, die nicht zu ihm gehören: empfängt zur Strafe eine fremde Hälfte. In Einem Leibe sind sie zwo verschiedne Seelen: sie hassen und zerreissen sich und quälen einander zu Tode.

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_216.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)