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dem zweifelhaften Maas der Aehnlichkeit die Anwendung auf andere Fälle zustehet. Für meinen gegenwärtigen Fall aber ist durch die Fabel das οιον γενοιτο καθα το εικος η το αναγκαιον congruent gedichtet worden, so daß sich, wie in der Geometrie, die beiden Fälle decken, mithin gleich sind.


Aus diesem Hauptbegriff des Aristoteles von der Dichtung wird sich auch alles bestätigen, was ich von der Natur der Fabel entwickelt habe. „Nachahmung, sagt er, d)[1] ist ein dem Menschen eingepflanzter Trieb, der sich von Kindheit auf bei ihm zeiget: er unterscheidet sich eben dadurch von andern Thieren, daß er nachahmender ist als sie. Die ersten Begriffe erwirbt er sich durch Nachahmung und freuet sich, wenn er nachgeahmte Dinge siehet. Ein Zeichen hievon ist das Vergnügen, das wir bei Kunstwerken empfinden.


  1. d) Poetic. c. 4.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_180.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)