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Anstand und Würde erscheinen; oder sie zergehen wie Lüftblasen; sie sausen unserm Ohr wie ein nichtiger Wortschall vorüber, und die Mühe des Dichters ist verlohren.

4. Was ists, das uns in der Fabeldichtung anschaulich gemacht wird? Ists ein bloßer Erfahrungssatz oder eine moralische Lehre?

Mit dem einzigen Exempel einer holbergschen Fabel, aus welcher erhellet, „daß keine Creatur weniger in der Zucht zu halten ist, als eine Ziege“ hat Lessing treffend gnug gezeigt, g)[1] daß nicht jeder Erfahrungsatz, nicht jede nichtige Lehre der Mühe einer Fabeldichtung werth sei; und woher käme ein großer Theil der so unbedeutenden Fabeln, mit denen die Welt überschwemmet ist, als eben auch des nichtigen Ziels wegen, das sie ihrer Mühe zum Zweck setzten?


  1. g) S. 131.
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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter, Dritte Sammlung. Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1787, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_Band_III_143.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)