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Sterbenden, des Gestorbenen zu einem Engel zu erhöhen, und ihn in solcher Gestalt seinem Innersten einzuprägen. Lasset der Sage ihren Gang, daß ihn Stimmen gerufen, getröstet, bewillkommt haben; daß ein ambrosischer Duft, ein himmlischer Glanz den zum Himmel Eilenden umschwebte. – Hier läßt sich die Phantasie der Empfindung weder etwas vorschreiben noch ausreden.


Ein Gleiches ists mit dem Wunderbaren, das die Legende jetzt und hie und da auf die ganze Natur verbreitet. Jedermann weiß, daß ihre Zeiten für die wahre und rechte Naturwissenschaft nicht die blühendsten waren; die Gesetze der Astronomie, die Verhältnisse der Körper gegen einander waren noch nicht in das Licht gesetzt, in welchem sie dem aufgeklärten Theil unsrer Europäischen Nationen jetzt erscheinen. Was Wunder also, daß man in der Dämmerung damaliger Zeiten alle Erscheinungen der Natur zu sich so sprechen ließ, wie das Gemüth, wie der

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1797, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_6.pdf/279&oldid=- (Version vom 1.8.2018)