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Menschen im Taumel wütender Leidenschaften zu dem brutalen Evangelium die Zuflucht nahmen, daß, aus dem Nichts gekommen, sie jetzt, mit Blut und Schande bedeckt, ins Nichts zurückeilten. Nach allen Ungerechtigkeiten und Quaalen, die sie ihren Mitbürgern zugefügt hatten, ließen sie ihnen nichts als einen schändlichen Leichnam. – Bei diesen Auftritten hat, dünkt mich, selbst der Ungläubige einsehen gelernt, wie nothwendig dem Menschengeschlecht Glaube an eine fortgehende Zukunft sei, selbst sogar den Fall gesetzt, daß diese nicht vorhanden wäre.

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Und daß sie nicht vorhanden sey, ist dem Menschen nicht nur unerweislich, sondern fast undenkbar. Es ist ihm natürlich, sich fortzudenken in seinen Wirkungen und Kräften. Die Vorstellung, daß alles an ihm, wie sein Körper, von Würmern zernagt oder ins Wüste versplittert werde, ist ein Ungedanke, der uns die

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1797, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_6.pdf/248&oldid=- (Version vom 1.8.2018)