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und Neigungen, wie die sind, die Oßian im Leben seiner Freunde schildert, auch nach ihrem Tode dem Ueberbleibenden leicht ein so einfaches, ihn nah angrenzendes Reich der Geister gewähren. Der Leib lag unter vier grauen Steinen: der Lebensruhm des Hingegangnen schwebte auf der Harfe der Wehmuth, und wohnte tief im Herzen der Nachgelassenen. Der Seele blieb nichts, als, da man sie selbst als Hauch dachte, die Region des Hauchs der Winde, wo sie Andenken an ihre verlebte Thaten den Thaten ihrer nachgelassenen, allmählig auch emporsteigenden Nachkommenschaft zusah. Hier liegen sie, sagt der alte Annir,

Hier ruhn in Dunkel die Kinder meiner Jugend,
Der Stein ist Ruro’s Gruft:
Der Baum schallt über Argons Grabe.
Hört ihr meine Stimme, meine Söhne,
In eurem engen Hause?
Oder sprecht ihr in diesem rauschenden Laube,
Wenn der Wind der Wüste sich erhebt?


Empfohlene Zitierweise:
Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1797, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_6.pdf/150&oldid=- (Version vom 1.8.2018)