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Muhammed sie, auf seiner berühmten Nachtreise in den Himmel, zur Rechten und Linken der Seele Adams sahe.

Nach der Auferstehung und dem Gericht hatten die Araber, wie andre Völker, die Brücke al Sirat zu durchgehen, auf der man ins Paradies gelangte. Sie ist fein wie ein Haar und schärfer als die Schneide des Schwerdts; unter ihr und auf beiden Seiten ist Abgrund. Die Frommen gehen leicht wie die Luft hinüber: die Bösen stürzen hinunter; und wer sich z. E. eines unversöhnten Feindes, eines nicht erstatteten Unrechts bewußt ist, muß an der Brücke warten bis sein Feind kommt, und sich mit ihm versöhnen, oder Mittel der Erstattung suchen, eh er hinüber könnte. Die geglaubte Dichtung scheint bei den Morgenländern nicht ohne moralischen Nutzen gewesen zu seyn, da sie, so wie auch die Dichtung von der großen Waage des Weltgerichts, vorzüglich auf Friedfertigkeit,

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Johann Gottfried Herder: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung). Carl Wilhelm Ettinger, Gotha 1797, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zerstreute_Blaetter_6.pdf/130&oldid=- (Version vom 1.8.2018)