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Schwänke und Streiche aus Westpreussen.
Von
A. Treichel.
I. Tuschkauerstreiche.
Die Mutter von Tuschkau.

In der Gegend von Tuschkau geht das Gerede, dass die Mutter von Tuschkau auf der Grenze der Flur begraben liegt, man weiss aber nicht wo. Andere erzählen aber auch, dass die Tuschkauer die Mutter von Tuschkau in den Sarg gelegt und zum Begräbnis hätten fahren wollen. Als sie mit dem Wagen auf eine Brücke gekommen wären, sei der Sarg mit der Leiche von dem Wagen und der Brücke hinab in das Wasser gefallen und davongeschwommen. Es sei den Tuschkauern nicht geglückt, des Sarges wieder habhaft zu werden, und so sei es gekommen, dass dieselben nicht wüssten, wo die Mutter von Tuschkau geblieben sei.


Die lebendig gewordenen Gänse.

Der Gastwirt von Tuschkau hatte acht Gänse auf dem Hofe. Da geschah es eines Tages, dass die Gänse plötzlich umfielen, so dass man sie für tot hielt. Die Gänse, welche auf so unnatürliche Weise gestorben waren, mochte man nicht essen, aber es schien allen schade, dass die Federn auch


Anmerkung. Wie in den Bemerkungen zu den Schwänken und Streichen des Till Eulenspiegel in Westpreussen, so erlaubt sich der Unterzeichnete auch hier die Bitte auszusprechen, den entsprechenden Schöpfungen des Volksgeistes in bezug auf das Sammeln derselben erhöhte Aufmerksamkeit zuwenden zu wollen und zwar

  1. nach Seite der Städte und Dörfer, deren Bewohner den Spott zu tragen haben – Herr A. Treichel zählt folgende Ortschaften ausser Tuschkau auf: Abdera. Chelbun. Damaskus. Baudry. Neuenburg. Beleschdorf. Schilda. Schöppenstädt. Krähwinkel. Teterow. Kremp. Büsam. Domnau. Mölln. Posemuckel. Meseritz. Tirschtiegel. Bomst. Schönlanke. Krojanke. Filehne. Zanow. Darsekow. Rummelsburg. Zelasen. Lauenburg. Kauernick. Gollub. Dobrogosz. (Gosch.) Bütow. – und hier ist stets der Versuch zu machen, festzustellen, ob Ortschaft und Umgebung früher dieselbe oder verschiedene Sprachen gehabt haben –
  2. nach Seite der Kulturverhältnisse, welche in den Streichen und Schwänken verspottet werden
    1. in bezug auf den Landbau und seine Geräte,
    2. in bezug auf das Handwerk, die Bauten u. s. w.

wie entsprechende Überlieferungen in den Schildbürgerstreichen hervortreten, sowie in den von mir gefundenen und veröffentlichten Wenden- und Žamaitenstreichen.

Schwänke und Streiche, welche sich mit dem Geschlechtlichen und Lüsternen abgeben, bitte ich mir nicht zu senden, ausser wo dieselben von besonderer Bedeutung sind, da sonst für Überlieferungen entsprechender Art die Κρυπτάδια da sind.

Edm. Veckenstedt.     
Empfohlene Zitierweise:
Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 427. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_427.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)