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Geburt so gross und so kräftig war, wie sonst kaum die Kinder von zehn Jahren sind. Die Königin war hoch erfreut über dieses Ereignis und meldete es sofort ihrem Gemahl. Auch der König freute sich sehr, als er die Botschaft erhielt. Da sein Sohn schon bei seiner Geburt so ungewöhnlich stark war, so vermutete er, dass derselbe zu etwas Ungewöhnlichem bestimmt sei. Deshalb liess er seiner Gemahlin sagen, dieselbe möchte seinen Sohn sofort zu ihm senden. Es erging nämlich dem König in den Kämpfen nicht besonders gut und er hoffte auf Hülfe von ihm.

Die Königin liess ihren Sohn sofort schöne Kleider anziehen und wollte ihn zu seinem Vater senden, allein die beiden Schwestern wussten das Vorhaben zu verhindern. Sie sagten nämlich, es wäre für ein Kind, welches eben geboren sei, sehr gefährlich, dasselbe eine so weite Reise machen zu lassen. Heimlich aber führten sie ein böses Vorhaben durch, um ihre jüngste Schwester zu verderben, denn sie beneideten dieselbe um ihr Glück. Die eine von den Schwestern webte nämlich ein kleines Gewand, dann liess sie einen grossen Frosch fangen, zog diesem die kostbare Kleidung ihres Neffen an, that denselben in ein Glas und sandte ihn zum Könige mit der Meldung, das sei sein Sohn. Der König war ergrimmt, als er den Frosch sah. In seiner Wut gab er den Befehl, man solle seine Gemahlin in das Wasser werfen, denn sie habe ihn schmählich betrogen.

Die Boten brachten die Meldung zurück. Alsobald liessen die Schwestern eine grosse Tonne herrichten und die junge Königin mit ihrem Sohne hineinsetzen. Darauf wurde die Tonne geschlossen und verpicht und dann in das Meer geworfen. Nachdem sie einige Wochen auf dem Wasser herumgetrieben war, wurde sie von den Wellen wieder an das Land gespült. Der Sohn der Königin war in der Zeit so herangewachsen, dass er die Tonne mit leichter Mühe zerbrach. Darauf ging er mit seiner Mutter von dannen und suchte wieder zu Menschen zu kommen. Indem sah er, wie ein Fuchs einen Hasen verfolgte. Schnell griff er nach einem Steine und warf damit nach dem Fuchs. Der Wurf war so kräftig gewesen, dass der Fuchs sofort umfiel und tot war. Alsobald geschah etwas Seltsames. Da nämlich, wo soeben noch das Meer gewogt hatte, war das Wasser verschwunden und eine Stadt erhob sich mit Kirchen und Türmen. In den Strassen war ein lebhaftes Getriebe und viele Menschen bewegten sich darin. Der Hase kam auf seinen Retter zu und erzählte diesem, dass der Fuchs ein Zauberer gewesen sei, welcher die Stadt mit ihren Bewohnern in Wasser verwandelt habe. Er hätte auch ihm nach dem Leben getrachte. Er sei verzaubert, doch sei die Zeit seiner Erlösung nicht mehr fern. Wenn er künftig etwas zu wissen wünsche, so möge er nur zu dieser Stelle zurückkommen, dann werde er alles erfahren. Darauf verschwand der Hase.

Der junge Königssohn ging mit seiner Mutter in die Stadt. Hier wurde er mit lautem Jubel empfangen und zum Könige ausgerufen, denn er hatte ja allen die Erlösung gebracht.

Nachdem einige Zeit vergangen war, ging der junge König zu der Stelle, wo er den Hasen gesprochen hatte, denn er war begierig zu

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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_357.png&oldid=- (Version vom 9.9.2019)