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seinen Hund auf ihn. Dieser Höllenhund hatte drei Köpfe, statt der Schnauze aber Löwenrachen, aus denen Feuer und heisser Dampf hervorbrach. Die Haare des Hundes waren Schlangen, seine Füsse die eines Elefanten. Aber der starke Hans ergriff den Hund und drückte ihn so gewaltig zu Boden, dass dieser froh war, als Hans ihn endlich losliess. Winselnd verkroch sich das Untier. Darauf stellte sich der Teufel selbst dem Eindringling entgegen. Hans aber besiegte ihn in einem heissen Ringkampfe.

Jetzt sah sich Hans in der Hölle um. Zu seinem Erstaunen fand er seinen Bruder Peter an einem Felsen in der Hölle angeschmiedet. Sogleich befreite er ihn und nachdem er erfahren, wie er in die Lage gekommen und dass auch die Gemahlin seines Bruders in der Hölle sei, befreite er auch diese, dann sandte er beide auf die Erde zurück.

Darauf wanderte Hans weiter in der Hölle. Endlich kam er zu dem Baume der Gesundheit und des Lebens. Der Baum stand ganz in der Nähe des Paradieses, bewacht wurde er von einem Drachen mit hundert Augen. Hans band den Drachen mit eisernen Ketten, pflückte drei Äpfel und brachte sie dem Könige. Nun konnte der König seine Tochter dem starken Hans nicht mehr verweigern und die Hochzeit wurde alsobald gefeiert.

Wie es Peter ergangen und wie er in die Hölle gelangt war, werden wir sogleich erfahren. Als er an dem Kreuzwege Hans verlassen hatte, kam er nach einiger Zeit in eine Stadt, in welcher er alles voll Trauer fand. Auf sein Befragen hörte er, dass der König des Landes gezwungen sei, einem fremden Herrscher, der auf einer Insel lebe, jährlich zehn Jünglinge und zehn Jungfrauen, einer Übereinkunft gemäss, zu senden. Der Jünglinge und Jungfrauen harre auf der Insel ein schreckliches Los. Sie würden dort in ein Gebäude, das Hunderte von Gemächern habe, sich aber unter der Erde befinde, eingesperrt. In den unterirdischen Gemächern hausten wilde Tiere, und diejenigen von den Jünglingen und Jungfrauen, welche nicht von den Tieren zerrissen würden, müssten elend unter der Erde verschmachten. Wer einmal in diesen Gemächern sei, der finde daraus nie mehr den Ausweg. Diesmal sei man besonders traurig gestimmt, denn die Tochter des Königs gehöre zu den Jungfrauen, auf welche das Los gefallen sei.

Als Peter hörte, dass das Schiff mit den Jünglingen und Jungfrauen in den nächsten Tagen absegeln werde, war er sogleich entschlossen, dieselben zu begleiten und zu befreien. Kaum waren sie an der Insel gelandet, so wurden sie auch schon in die unterirdischen Gemächer hinabgestossen. Peter hatte sich mit einer langen Schnur versehen, knüpfte dieselbe an der Thür an, und behielt den sich abwickelnden Knäuel in der Hand. Kaum waren alle in die Gemächer gelangt, in welchen die Tiere hausten, so gab der starke Peter die Schnur einem der Begleiter zu halten, er selbst aber erlegte in einem heissen Kampfe die Tiere alle. Darauf führte er an seiner Schnur die Eingesperrten wieder aus den unterirdischen Gemächern heraus und erschlug sodann den grausamen Herrscher der Insel. Darauf bestiegen die Befreiten mit ihrem Erretter das Schiff und segelten frohlockend der Heimat zu. Hier wurden sie mit Jubel empfangen,

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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_234.png&oldid=- (Version vom 22.7.2023)