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ganze Scharen von Jägern nicht zu überwältigen vermocht hatten, Peter aber wälzte einen grossen Stein einen hohen und steilen Berg hinan.

Kurze Zeit darauf wurden die beiden Königssöhne auf der Jagd von einer Räuberschar überfallen, aber obgleich sie beide nur allein waren, erschlugen sie doch die Räuber alle.

Aber noch immer zürnte die Zauberin darüber, dass Hans schöner und stärker als Peter war. Sie sann aufs neue darauf, wie sie ihn verderben könnte. Zu diesem Zwecke liess sie aus der Erde ungeheure Riesen hervorwachsen, deren Antlitz viereckig war. Die Füsse der Riesen waren Schlangen, ihre Hände Drachen. Die Zauberin befahl den Riesen, sie sollten sich im Walde verstecken und den starken Hans, wenn er sich wieder auf der Jagd befinde, überfallen und töten.

Hans wollte denselben Tag wieder auf die Jagd gehen. Er forderte scinen Bruder auf, ihm zu folgen, dieser fühlte sich unwohl. So kam es, dass Hans allein auf die Jagd gehen musste. Bevor er den Wald betrat, begegnete ihm ein Männchen. Dieses Männchen war der Engel, welchen einst Gott zu seiner Mutter mit dem goldenen Fische gesandt hatte. Auch jetzt hatte ihn Gott geschickt, damit er die Anschläge der bösen Zauberin zunichte mache. Das Männchen sprach zu Hans: „Bevor Du in den Wald gehst, bade Dich in dem Bache am Saume desselben, sodann nimm die Salbe, welche ich Dir hier geben werde, und salbe Deinen Leib damit ein. Hast Du das gethan, so wirst Du fortan unverwundbar sein. Ausserdem gebe ich Dir Bogen und Pfeile. Die Pfeile werden nie ihr Ziel verfehlen, worauf Du sie auch richten wirst.“

Nachdem das Männchen Salbe, Pfeil und Bogen übergeben hatte, war es plötzlich verschwunden. Hans nahm die Geschenke, badete und salbte sich, darauf ging er in den Wald. Er war noch nicht tief in den Wald eingedrungen, so überfielen ihn die Riesen, aber Hans erlegte sie in einem furchtbaren Kampfe alle bis auf den letzten.

Der starke Hans kehrte nach dieser heissen Arbeit nach Hause zurück. Er beschloss, mit seinem Bruder Peter sich die Welt anzusehen, jeder von ihnen sollte aber sein Glück in der Fremde allein versuchen. Demgemäss trennten sie sich, als sie an einen Kreuzweg gekommen waren.

Hans war noch nicht weit.gegangen, da sah er neben einem Gewässer ein weinendes Mädchen, welches an einen Baum gebunden war. Er erfuhr von dem Mädchen, dass es für einen Drachen, der im Wasser hause, als Opfer bestimmt sei, der Drachen habe das Gebiet ihres Vaters, des Königs, verheert Seit der Zeit bringe man dem Untier jährlich ein Opfer dar. Dieses stehe alsdann von seinen Verheerungen ab. Nun habe in diesem Jahre das Los sie getroffen, bald werde der Drachen kommen und sie verschlingen.

Als Hans das Schicksal des schönen Mädchens, welches weinend dem schrecklichen Tode entgegensah, vernommen hatte, versprach er, dasselbe zu befreien. Kaum hatte er sich zum Kampfe fertig gemacht, so brach der Drachen aus dem Wasser hervor. Er war furchtbar anzusehen und hatte zwölf Köpfe, Hans aber trat ihm mutig entgegen. Bald hatte er dem Drachen mit einem gewaltigen Schwertstreich ein Haupt

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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 232. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_232.png&oldid=- (Version vom 22.7.2023)