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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang
Frau Adler sen., Rose, Anna Veckenstedt: Sagen aus der Provinz Sachsen II

denn, dass er den Kobold wirklich im Sacke als Katze gehabt habe, aber auch, dass man einem Kobold nichts ernsthaftes anhaben kann.

Anna Veckenstedt.     


VII.

In einem Dorfe bei Magdeburg hatte ein Bauer einen Kobold. Der Bauer mochte aber den Kobold nicht leiden, soviel ihm derselbe auch zutrug. Man sagte auch, dass der Kobold eigentlich nicht auf das Gehöft des Bauers gehöre, denn derselbe sei erst bei der Hochzeit dorthin gekommen. Der Bauer hatte nämlich von einem andern Dorfe her geheiratet. Seine Braut war ein reiches Mädchen, und damit es auch mit der neuen Wirtschaft gut gehe, hatte der Bauer seiner Tochter den Kobold mit auf das Gut gegeben, wo sie als Bäuerin war. Später zog der alte Bauer ganz und gar zu den jungen Leuten hin, denn seine Frau war gestorben und er hatte keine Lust, sich allein auf seiner Wirtschaft noch herumzuquälen. Dieser alte Bauer muss auch sonst noch mancherlei gekonnt haben, wovon andre Leute nichts wissen. So kam einmal einer von den Arbeitsleuten des Bauers vom Felde heim. Er musste an dem Gehöft des Bauers vorbei. Als er an das Haus kam, sah der alte Bauer aus einem Fenster heraus, welches an dem einen Ende des Hauses war. Der Arbeiter wollte mit dem alten Bauer über etwas sprechen und redete ihn darum an, aber derselbe antwortete nicht. Da der Arbeiter schon wusste, dass es mit dem alten Bauer nicht seine Richtigkeit habe, so ging er ruhig weiter. Aus dem Fenster am andern Ende des Hauses blickte der junge Bauer heraus. Derselbe rief dem Arbeiter zu, er solle einmal herein kommen, denn er habe ihm was zu sagen. Der Arbeiter trat ein. Aber wer beschreibt seinen Schreck, als er in der Stube, auf der Bank am Ofen, den alten Bauer sitzen sah, den er eben noch auf der andern Seite des Hauses aus dem Fenster hatte blicken sehen. Der alte Bauer sass ruhig da und rauchte seine Pfeife.

Aber es hat mit dem alten Bauer kein gutes Ende genommen, denn eines Tages hat er sich tot gefahren und auch der junge Bauer ist früh gestorben. Dem mag es wohl der Kobold angethan haben, weil er denselben nicht leiden mochte.

Rose.     
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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_078.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)