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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang
Frau Adler sen., Rose, Fr. Adler, Anna Veckenstedt: Sagen aus der Provinz Sachsen II

Kobold habe, ein Arbeiter in der Scheune noch um Mitternacht, wie das wohl bei der Erntearbeit einmal vorkommt. Das Fuder war abgeladen, alle hatten bereits die Scheune verlassen und auch unser Arbeiter rüstete sich zum Heimgang. Er zog die Jacke an und setzte die Mütze auf. Da war es ihm plötzlich, als streife etwas seine Mütze vom Kopfe. Er sah sich um, aber er bemerkte nichts. Sonderbar aber war es, dass die Mütze vom Kopfe fort war: soviel er auch darnach suchte, jetzt und die folgenden Tage, er fand die Mütze nicht wieder. So mochten etwa vierzehn Tage vergangen sein und der Arbeiter hatte seine Mütze immer noch nicht wieder gefunden: da ging er eines Tages auf die Banse, um die Garben auf die Diele zu werfen, denn es sollte das erste Getreide im Jahre gedroschen werden – siehe da lag die Mütze oben auf den Garben. Das war aber um so merkwürdiger, als der Arbeiter doch verschiedene Male die ganze Banse nach seiner Mütze abgesucht hatte, und nun lag sie frank und frei dort. Da merkte der Arbeiter, dass ihm der Kobold des Bauers einen Schabernack gespielt hatte.

Rose.     


II.

Der Kobold spielt den Leuten gern einen Schabernack und zwar besonders den Arbeitern und Knechten des Bauers, auf dessen Gehöft er sich aufhält, wenn dieselben auf ihn nicht gut zu sprechen sind. So geschah es gar oft, dass bei einem Bauer, welcher den Kobold hatte, sich die Pferde des nachts von dem Halfter losrissen und auf dem Hofe herumjagten, denn man liess die Thür zum Stalle des Nachts der Hitze wegen offen stehen, da in dem Sommer die Hitze besonders gross war.

Wenn das geschah, so mussten die Knechte mitten in der Nacht heraus und die Pferde wieder in den Stall treiben. Das Allersonderbarste war aber, wenn die Knechte in den Stall kamen, um die Pferde wieder an den Halfter zu legen, dann standen dieselben da und frassen ihr Heu von der Raufe: sie hatten den Halfter um und niemand merkte, dass sie eben noch auf dem Hof herumgejagt waren.

Auch mit den Färsen ist in mancher Nacht gleiches geschehen. Die Knechte hatten ihren schweren Aerger darüber, dass ihnen der Kobold den Schabernack spielte – denn wer sollte das sonst gewesen sein? – und darum hüteten sie sich endlich, wieder von dem Kobold schlecht zu sprechen. Da ist des nachts Ruhe auf dem Gehöft gewesen.

Rose.     


III.

In einem Dorfe bei Magdeburg hauste auf dem Gehöft eines Bauern ein Kobold, welcher den Knechten gar manchen Schabernack zu spielen pflegte. Am ärgsten trieb er es aber mit dem Knecht, welcher den Häcksel für das Vieh zu schneiden hatte. Oft hatte er bald die halbe Futterlade leer geschnitten, ohne dass auch nur eine Handvoll von dem

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Edmund Veckenstedt (Hrsg.): Zeitschrift für Volkskunde 1. Jahrgang. Alfred Dörffel, Leipzig 1888/89, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Volkskunde_I_075.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)