Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932 | |
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Profitrate besteht. Welche Beweiskraft für die Wirklichkeit haben somit die Schlußfolgerungen R. Luxemburgs – der Nachweis eines unabsetzbaren Konsumtionsrestes – , die aus einem Schema abgeleitet werden, dem keine Wirklichkeitsgeltung zukommt? Da infolge der Konkurrenz die Umwandlung der Werte in Produktionspreise und dadurch eine Neuverteilung des Mehrwerts unter die einzelnen Industriezweige im Schema stattfindet, wodurch notwendigerweise auch eine Änderung der bisherigen Proportionalitatsverhältnisse der einzelnen Sphären des Schemas erfolgt, so ist es durchaus möglich und wahrscheinlich, daß ein ,,Konsumtionsrest" im Wertschema nachher im Produktionspreisschema verschwindet und umgekehrt, daß ein ursprüngliches Gleichgewicht des Wertschemas sich nachher im Produktionspreisschema in eine Disproportionalität verwandelt. Die Mangelhaftigkeit der Beweisführung, die sich lediglich auf die Analyse des Wertschemas beschrankt und mit Werten und verschiedenen Profitraten, statt mit Produktionspreisen und der allgemeinen Profitrate operiert, ist evident. Sagt doch R. Luxemburg selbst: „Das gesellschaftliche Gesamtkapital mit seinem Gegenstück, dem gesellschaftlichen Gesamtmehrwert, sind also nicht bloß reale Großen von objektiver Evidenz, sondern ihr Verhältnis, der Durchschnittsprofit, leitet und lenkt – vermittels des Mechanismus des Wertgesetzes – den ganzen Austausch, nämlich die quantitativen Austauschverhältnisse der einzelnen Waren unabhängig von ihren besonderen Wertverhältnissen." Die Durchschnittsprofitrate ist nämlich die leitende Macht, „die tatsächlich jedes Privatkapital nur als Teil des gesellschaftlichen Gesamtkapitals behandelt, ihm den Profit als einen ihm nach Große zukommenden Teil des in der Gesellschaft herausgepreßten Gesamtmehrwertes ohne Rücksicht auf das von ihm tatsächlich erzielte Quantum zuweist" (1. c, S. 50).
Nach dieser Darstellung R. Luxemburgs lenkt der Durchschnittsprofit den ganzen Warenaustausch. Trotzdem prüft sie die Frage, ob ein restloser Austausch möglich ist, an einem Schema, das keinen Durchschnittsprofit kennt. Kann man sich einen größeren Widerspruch vorstellen? Wenn weiter, wie R. Luxemburg feststellt, die Austauschverhältnisse einzelner Waren in der konkreten Wirklichkeit ,,unabhängig von ihren besonderen Wertverhältnissen“ stattfinden, wenn jedes Kapital nicht das von ihm selbst erzeugte Quantum Mehrwert realisiert, sondern bloß den zu seiner Größe proportionalen
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932. C. L. Hirschfeld, Leipzig 1932, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_Jahrgang_1.pdf/98&oldid=- (Version vom 12.5.2022)