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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932

– auch eine relative Abnahme der freiwilligen politischen und insbesondere gewerkschaftlichen Betätigung Hand in Hand. Mit dem Wachstum der Verbände und der Zunahme der finanziellen Tragkraft ist die Möglichkeit geschaffen, allmählich über einen großen Apparat mit besoldeten Kräften zu verfügen. In Zeiten heftiger Agitation, bei großen politischen und gewerkschaftlichen Aktionen, Wahlen, Mitgliederwerbung geht die Anzahl derer, die ihre Freizeit in den Dienst ihrer Organisation stellen, in steigender Richtung; die aktive Mitarbeit der großen Masse der Mitglieder ist in normalen Zeiten nur bei radikalen Kampforganisationen die Regel.

X.

Eine eingehende Analyse des Entwicklungsprozesses der Freizeitverwendung in der Nachkriegszeit wird als Beitrag für die Psychologie und Geistesrichtung der heutigen Arbeiterschaft sowie für die Aufdeckung bestehender gesellschaftlicher Zusammenhänge fruchtbar sein. Bei diesen Untersuchungen wird das Problem der Familie öfters mit hineinbezogen werden müssen, indem diese durch die Wandlungen der Freizeitbenutzung unmittelbar beeinflußt wird und selbst durch innere Faktoren auf die Freizeitgestaltung zurückwirkt. Bisher wurde das Problem der Kürzung des Arbeitstages fast ausschließlich vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus behandelt, dagegen die durch die Kürzung entstandene Mehrung der Freizeit und ihre Verwendung als Gesamtproblem im allgemeinen weder soziologisch noch sozialpsychologisch untersucht. Einige Gesichtspunkte zur Inangriffnahme dieser Probleme sind hier gezeigt worden.

Prinzipiell darf jedoch das Problem der Freizeit niemals als selbständiges Studienobjekt in Angriff genommen werden, in dem Sinn, als handele es sich hier um ein Problem, das, außerhalb der Arbeitssphäre liegend, auch wesentlich davon getrennt wäre. Wenn Marx vom „Reich der Freiheit“ gesprochen hat, das erst anfangt, „wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört"[1], so kann dieser Begriff „Freiheit“ nie im absoluten Sinn gemeint sein, sondern nur im Gegensatz zur wirtschaftlichen Gebundenheit. Ebensowenig wie in der geistigen und in der psychischen Sphäre läßt sich eine Zweiteilung des Arbeiters als Produzent und als Mensch durchführen. Unter völliger Anerkennung des Primats des wirtschaftlichen Elements sehen wir ein Aufeinandereinwirken,

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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932. C. L. Hirschfeld, Leipzig 1932, Seite 354. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_Jahrgang_1.pdf/270&oldid=- (Version vom 15.1.2023)
  1. Marx, Das Kapital, III. Bd., Volksausgabe, S. 316.