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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932

„Notre pays, notre propre terre!“ Besonders spielen derartige Motive in Frankreich eine Rolle. Die Liebe zum eigenen Boden gründet auch teilweise auf der Auffassung, daß das „Zurück zur Natur" schließlich zur Stärkung der eigenen Rasse beitragen wird. Auch die sozialen Motive spielen eine Rolle, man verweist auf die „große soziale Pazifizierung, die die internationale Kleingärtnereibewegung darstellt“. Dabei wird einerseits an den friedlichen Einfluß des Landlebens gedacht, andererseits an die Lösung sozialer Probleme durch Bearbeitung brachliegenden Landes. Weiter nennen wir noch das kleinbürgerliche Motiv: Jedem sein Fleckchen Erde, jedem sein Eigenheim! In den Schriften der obengenannten Internationale wird sehr oft darauf hingewiesen, daß ein eigenes Heim das größte denkbare Glück ist. In einem offenen Brief an den Völkerbund (25. Januar 1931), in dem mehrere Forderungen im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Bodens gestellt wurden, heißt es u. a.:

„Das internationale Büro für Kleingärten und Arbeitergärten ist keine Vereinigung von Gemüse- und Blumenzüchtern. Wir sind die Züchter eines neuen Geistes, die Züchter der Erneuerung der Arbeiterfamilie durch den Kleingrundbesitz, die Züchter der Befestigung des Friedens, des Völkerfriedens zu Hause und infolgedessen des Friedens unter allen Völkern. – Wir verlangen zur rechten Stunde, Herr Präsident, daß der Völkerbund unseren Grundsatz in Betracht ziehe: „Jedem sein Fleckchen Erde, jedem sein Eigenheim!“

Es wird Nachdruck auf die Herbeiführung des Familienglücks gelegt, welches durch die Schaffung eines eigenen Heims erreicht werden kann. Immer wieder wird auf den Zusammenhang zwischen Eigenheim und Familienglück hingewiesen. So finden wir in der Zeitschrift der international Kleingärtnerorganisation folgende belgische Notiz[1]:

„Bis heute hat die Belgische National-Liga bereits tausende von Arbeitern zu Eigentümern gemacht, deren Familien fortan in viel größerer Sicherheit leben. Sie erfreuen sich eines intensiveren Familienlebens, das auf der Basis gesicherten Wohlstands täglich inniger wird. Die allgemeine Anwendung unseres Systems ist der Weg zu einer friedlicheren und klügeren Gesellschaftsklasse“ (S. 32.)

Eigentümlicherweise sind es sogar einander entgegengesetzte soziale Gruppen, die die Bedeutung der Kleingärtnerei unterstreichen. Von sozialistischer Seite wurde auf dem dritten Internationalen Kleingärtnerkongreß eine offizielle Kundgebung zugunsten dieser Bewegung veranstaltet. Auf dieser Zusammenkunft, abgehalten in Essen 1929,

Empfohlene Zitierweise:
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932. C. L. Hirschfeld, Leipzig 1932, Seite 348. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_Jahrgang_1.pdf/264&oldid=- (Version vom 15.1.2023)
  1. „Bulletin“ vom September 1931.