Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932 | |
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- Aber weder die Klassiker noch die nachricardosche Schule haben es verstanden, diese Tatsache in Übereinstimmung mit der Wertlehre zu bringen und sind in eine theoretische Sackgasse geraten, indem sie gezwungen waren, entweder die Theorie zugunsten der Tatsachen, oder die Tatsachen zugunsten der Theorie preiszugeben[1]. An diesem Widerspruch zwischen der Theorie und den Tatsachen, an der Unmöglichkeit, aus dem abstrakten Arbeitswertgesetz die allgemeine Profitrate ableiten zu k6nnen, ist die nachricardosche Schule schließlich zugrunde gegangen, und mit Recht gab Marx in seinem Epitaph als Auflösungsursache der Schule an: ,,Bildung der allgemeinen Profitrate . . . Unverstandenes Verhältnis zwischen Wert und Produktionspreis“ (Mehrwert, III, S. 280). Speziell gegen Ricardo erhebt er den Vorwurf, daß dieser in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit zwar eine allgemeine Profitrate ,,unterstellt“, ohne indes zu „untersuchen, inwieweit ihre Existenz überhaupt der Bestimmung der Werte durch die Arbeitszeit entspricht", wahrend doch faktisch ,,sie ihr prima facie widerspricht, ihre Existenz also erst durch eine Masse Mittelglieder zu entwickeln ist" (Mehrwert, II 1, S. 14), Deshalb betont Marx die „wissenschaftliche Unzulänglichkeit" der Methode Ricardos, die ihn „zu irrigen Resultaten führt" und darin besteht, daß Ricardo, ,,von der Bestimmung der Wertgrößen der Waren durch die Arbeits- zeit ausgeht" und dann untersucht, ob die übrigen ökonomischen Verhältnisse und Kategorien den Werten entsprechen oder widersprechen. Die Unzulänglichkeit dieser Methode liege also darin, „daß sie notwendige Mittelglieder überspringt und in unmittelbarer Weise die Kongruenz der ökonomischen Kategorien unter- einander nachzuweisen sucht“ (Mehrwert, II 1, S. 2).
Indem Marx diese „Mittelglieder“ rekonstruiert hat und durch seine Lehre von der Bildung der allgemeinen Profitrate sowie von der Verwandlung der Werte in Produktionspreise resp. merkantile Preise die Arbeitswertlehre in Einklang mit den Tatsachen gebracht hat, hat er die ökonomische Theorie über den Punkt fortentwickelt, an dem die nachricardosche Schule zugrunde gegangen ist.
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932. C. L. Hirschfeld, Leipzig 1932, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_Jahrgang_1.pdf/105&oldid=- (Version vom 12.5.2022)
- ↑ Nach Marx bestand diese ,,Verwirrung der Theoretiker" darin, „daß . . . die bisherige Ökonomie entweder gewaltsam von den Unterschieden zwischen Mehrwert und Profit, Mehrwertsrate und Profitrate abstrahierte, um die Wertbestimmung als Grundlage festhalten zu können, oder aber mit dieser Wertbestimmung allen Grund und Boden wissenschaftlichen Verhaltens aufgab, um an jenen in der Erscheinung auffälligen Unterschieden festzuhalten" (Kapital, III 1, S. 147).