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Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932


Großtat Marxens einsetzte. Er hat es verstanden, durch seine Lehre von der Divergenz zwischen den Produktionspreisen und den Werten die Tatsache der gleichen Profitrate, die prima facie dem Arbeitswertgesetz widerspricht, aus diesem Wertgesetz zu erklären. Indem R. Luxemburg aller Erfahrung zum Trotz die Möglichkeit der Übertragung eines Teiles des Mehrwerts aus Abteilung II in Abteilung I, also die Möglichkeit der Bildung der Produktionspreise, negiert und daran festhält, daß der Austausch der Waren in den einzelnen Sphären zu ihren Werten erfolgt, vermag sie nicht vom Boden der Arbeitswertlehre aus die Durchschnittsprofitrate zu erklären; obwohl sie starr an der Wertlehre festhält, gibt sie hier tatsächlich die Grundlage des Marxschen theoretischen Systems preis. Denn unter der Voraussetzung, daß die Waren zwischen den verschiedenen Produktionssphären sich gleichwertig austauschen, ist die Tatsache der gleichen Profitrate nicht zu erklären. Statt also jene falsche Voraussetzung vom „gleichwertigen Austausch“ zwischen beiden Schemaabteilungen, sowie ferner von der Unmöglichkeit der Mehrwertubertragung aus Abteilung II in Abteilung I fallen zu lassen, um die Tatsachen erklären zu können, opfert R. Luxemburg eher die Tatsachen und zieht es vor, an jener falschen Voraussetzung vom „gleichwertigen“ Warenaustausch festzuhalten! Mit einem Federstrich wird so die ganze Marxsche Lehre vom gleichen Durchschnittsprofit, nach R. Luxemburg selbst „eine der wichtigsten Entdeckungen der Marxschen ökonomischen Theorie", einfach aus der Welt geschafft.

VI. Statt Fortentwicklung über Marx hinaus – Rückentwicklung zu Ricardo zurück.

Was wir oben von der Aufrollung der Krisenproblematik durch R. Luxemburg gesagt haben, das gilt wörtlich in bezug auf alle marxistischen Theoretiker, die sich mit dem Krisen- und Akkumulationsproblem beschäftigt haben. Wie seltsam das auch klingen mag, es ist dennoch eine Tatsache, daß in der ganzen bisherigen, mit dem Buche Tugan-Baranowskys 1901 eröffneten, nunmehr 30jahrigen Diskussion über die Möglichkeit eines störungslosen Verlaufs des kapitalistischen Produktionsprozesses das eigentliche Problem – die Krisenproblematik auf allen Stufen des Annäherungsverfahrens nachzuweisen – von niemandem auch nur gestellt wurde. Ob es sich um die Neo-Harmoniker Kautsky, Hilferding und Otto Bauer oder um Rosa Luxemburg und ihre Anhänger, oder endlich um Bucharin und andere Theoretiker des Kommunismus handelt – sie alle haben das

Empfohlene Zitierweise:
Max Horkheimer (Hrsg.): Zeitschrift für Sozialforschung, 1. Jg 1932. C. L. Hirschfeld, Leipzig 1932, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_f%C3%BCr_Sozialforschung_Jahrgang_1.pdf/103&oldid=- (Version vom 12.5.2022)