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gestillt, von dem Gespann der Fuhrleute verschont, von barmherzigen Menschen aufgehoben. Nachdem er zu einem Knaben heranwachsen ist, schickt ihn der reiche Mann zu einem Metallgiesser, welcher den Befehl erhalten hat, den mit einem Auftrag kommenden Knaben in die Esse zu werfen. Der eigene Sohn des Reichen befiehlt jedoch dem Knaben, ihn beim Spiel mit den Knaben zu vertreten, überbringt selbst den Auftrag und wird in die Esse geworfen. Das Schicksalskind wird als Jüngling von dem reichen Mann zu seinem Verwalter mit einem Todesbrief geschickt. Er übernachtet unterwegs bei einem Brahmanen, dessen Tochter sich in den schlafenden Boten verliebt und den Todesbrief durch einen Heiratsbefehl ersetzt. Der Reiche stirbt von Zorn, der Jüngling erbt. Die Ghosakageschichte zeigt dieselbe Zusammensetzung: es folgen der Reihe nach der ausgesetzte Hurensohn, die Prophezeihung eines Geistlichen, der reiche Kaufmann, wiederholte erfolglose Aussetzungen des Säuglings, die Todesbotschaft des Knaben, der Todesbrief des Jünglings und die Heirat mit der Tochter des Gastgebers.

Die zweite Entwicklungsstufe bilden zwei schöne Liebesromane der Jainas und der Visnuiten, die von Dâmannaka und Čandrahâsa handeln und sich von der buddhistischen Fassung erheblich unterscheiden. Die Helden sind Waisen aus reichen Häusern, ein Kaufmanns- und ein Königssohn. Die wiederholten Aussetzungen des Säuglings und die Todesbotschaft des Knaben sind verschwunden. Als der Reiche die Prophezeiung hört, gibt er einem Mörder den Auftrag, den als seinen Erben bezeichneten Knaben umzubringen. Der Mörder lässt den Knaben im Walde am Leben und bringt dem Reichen seinen Finger (seine Zehe). Der Knabe wird von einem Hirten (einem Fürsten) gefunden und erzogen. Der reiche Mann kommt dann mit dem Jüngling zusammen und schickt ihn mit einem Todesbrief zu sich nach Hause. Die eigene Tochter des Reichen findet den schlafenden Boten in einer Parkanlage (im Walde) und ändert den Todesbrief in einen Heiratsbefehl ab. Ihr Vater kehrt erst während der Hochzeit nach Haus und schickt einen Mörder in den Tempel, wohin der Schwiegersohn abends zum Opfern kommen soll. Dieser wird jedoch unterwegs von dem Sohn seines Schwiegervaters seiner Pflicht enthoben, und der Sohn fällt dem Mordanschlage seines Vaters zum Opfer. Die wiederholten Aussetzungen sind hier durch den ersten Mordanschlag ersetzt, während der zweite sichtlich die Todesbotschaft vertritt.

Die dritte Entwicklungsstufe ist durch den jainistischen Čampakaroman vertreten. Die Prophezeiung, welche in den ältesten Texten das neugeborene Kind betraf und später sich auf den verwaisten Knaben bezog, warnt hier den reichen Mann vor dem noch ungeborenen Sohn einer Sklavin. Der Reiche erbittet sich die schwangere Sklavin von ihrem Herrn und tötet sie im Walde. Das ungeborene Kind bleibt jedoch

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Fritz Boehm (Hrsg.): Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 29. Jahrgang. Behrend & Co., Berlin 1919, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_des_Vereins_fuer_Volkskunde_29_024.png&oldid=- (Version vom 6.5.2018)