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beschränkten Umständen nach thun ließ, so eingerichtet, daß darin allenfalls Wahnsinnige geheilt werden könnten.

Hier wie überall begegnen wir Anfangs der Abneigung der Behörden und Beamten ruhige Geisteskranke aufzunehmen; dabei wird nicht immer klar, ob der Grund mehr in der Ansicht lag, der Staat habe nur die Pflicht für störende Kranke zu sorgen, oder ob man glaubte die Pflege der ruhigen Irren in privaten Verhältnissen sei der schlechten Einrichtung im Irren- und Zuchthaus vorzuziehen. Mag die Kenntniß der mangelhaften Zustände in ihnen die letztere Ansicht unterstützt haben, so glaube ich doch, daß das Gefühl der Pflicht zu öffentlicher allgemeiner Fürsorge noch fehlte, oder sich doch grade erst damals entwickelte. Aengstlich besorgt war man aber, daß die Zahl der Pfleglinge nicht zu groß werde und war nach dem Reglement zu beobachten, daß in „jedem Dollhauß wenn 2 außer denen Herrschaftlichen über der Zahl vorhanden Keiner mehr gemeldet werden solle, es war dann sehr etwaß extraordnaires grobes.“ Doch muß die Zahl der Kranken sich in Glückstadt auch etwas vermehrt haben; die disponiblen Räume standen dazu in keinem Verhältniß, und 1755 wird in einem Bericht über die Ursachen des Verfalls des Glückstädter Zuchthauses als eine der wichtigsten Ursachen der 1755 vorgenommene Anbau für Tolle und Wahnsinnige im Preise von 8000 angegeben, eine relativ große Summe; später erfahren wir, daß Platz für 49 Wahnsinnige vorhanden war; die wie oben erwähnt noch schlechteren Zustände der Einrichtungen für Geisteskranke in Neumünster führten daher zur Auflösung des dortigen Dollhauses (1789) und zu seiner Combination mit dem Glückstädter.

Zu der Zeit waren in Glückstadt also 49 Plätze für Wahnsinnige, jedoch in den letzten 20 Jahren höchstens 33 davon besetzt. Nach einem Bericht der Ober-Inspection des Glückstädter Zuchthauses vom 20. Februar 1789 waren diese Behältnisse, die „Tollkammern“, zum Theil nur 81/2 Fuß lang und 6 Fuß breit, in der untersten Etage gelegen; vermittelst einer in der Thür angebrachten Oeffnung wurden den

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0179.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)