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daß er nicht fortkommen, jedennoch ohne Schmertzen sich zulänglich bewegen können.

Aus einer Reihe von Rescripten und Ordres wegen „Loßlassung“ der Züchtlinqe in Neumünster von 1739–1766 erfahren wir wie manche derselben eigentlich Geisteskranke waren. 1740 berichtet der Prediger, 1) einer sei mehr albern als boshaftig und anscheinend von seiner Familie (ein Advocat in Schleswig wird genannt) ins Zuchthaus gesetzt um ihn los zu sein, unter der Beschuldigung der intendirten Lascivia; und es sei zu besorgen, daß seine Albernheit mit den Jahren zunehmen und bei längerer Detention wohl gar in einen gänzlichen Furorem degeneriren könne, so wie er sich bei dem 2. Züchtlinge leider wirklich äußere; bei diesem sei zu besorgen, daß der öftere Ansatz der Verwirrung zuletzt in eine förmliche Unsinnigkeit ausschlage. Der 7., bei dem die Loslassung in Frage kam, saß wegen crimen Sodomiae;; seine Entlassung werde Schwierigkeiten machen wegen des Stigma infamiae, so er vor der Stirn habe, wiewohl es mit der Zeit zugewachsen scheine. Von diesen wurde der erste dann zurückbehalten, da die Mutter gestorben, die andern entlassen auf geleistete Urphede die Herzogthümer zu verlassen. Um nicht zu ermüden durch Einzelheiten will ich nur bemerken, daß z. B. unter den 1749–60 entlassenen 26 Personen zweifellos 4 Irre waren. Ein Candidat S. war im Dezember 1759 als Melancholicos aufgenommen; über sein Vergehen finde ich Nichts; anscheinend genesen wurde er am 27. August 1760 entlassen auf folgenden Revers:

„Ich Endes Unterschriebener reversire mich hierdurch statt würklichen Eides bey dem Worte der ewigen Wahrheit, so wahr mir nemlich Gott zur Seeligkeit helffen soll, daß ich mich nach erhaltener Befreyung, vom bisherigen Arrest, an niemand Rächen, insonderheit auch die Stadt Kiel und meines Bruders – – Hauß daselbst niemals wieder betreten wolle. Urkundlich habe diesen Revers, eigenhändig unterschrieben.“

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0158.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)