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werden. Die 4te die Cranitscho oder Catrina, eine Zigeunerin, ist ganz alber und närrisch. Und ob sie zwar nicht mehr so furieuse ist als vordem, da sie im Zuchthause war, so ist sie doch zu keinen Dingen weder anzuführen noch zu gebrauchen.“

In einem später vermuthlich aus dem Jahre 1748 stammenden Verzeichniß wird von einem Tollhäusler gesagt: „er hat zwar etwas vom Delirio, besonders in den heißen Tagen, jedoch ist er kein furibundus.“ Eine Andere „ist zwar verwirrt, ist keine furiosa, nur verliebt.“ Ferner „die B., eine Zigeunerin, ist fast furieuse, jedoch noch mehr gewesen, und mit der Epilepsie beleget, dannenhero sie wohl nicht loßzulassen wäre.“

Die Zahl der Insassen des Dollhauses war demnach damals also gewöhnlich 3–4 Kranke.

Mit Berücksichtigung des oben erwähnten Verpflegungssatzes von 40 erfahren wir auch, daß die Zahl der nicht zahlenden Kranken durchschnittlich etwa 5 war bis zum Jahre 1748; denn in diesem Jahr wird gesagt, das Dollhaus habe nach Eintritt der Wahnwitzigen jährlich 200 gekostet. Diese geringe Zahl erklärt sich wohl aus der anfänglichen Beschränkung der Aufnahme auf unruhige und gemeingefährliche Kranke, da es heißt: in denen Dollhäusern sind keine von Adelichen oder andern Eingesessenen alss die Rasend oder Schaden thuend anzunehmen. Diese Beschränkung mag dazu beigetragen haben, daß man meinte nicht milde gegen die Irren sein zu können. Für diese Auffassung ist folgender Auftrag bezeichnend, den man von Kiel aus im Jahre 1729 dem Polizei-Lieutenant in Neumünster gab, also zu einer Zeit, als das sogenannte Tollhaus wahrscheinlich schon erbaut war. Der Auftrag lautete, den boshaften Züchtling P. für sein Schelten jedesmahl so gut und lange bis er solches nachläßet, freilich doch auch auf eine dem Leben und Gesundheit unschädliche Art tüchtig zu peitschen, auch allenfalß mit Ruthen zu züchtigen, zumahlen er nicht anders als wie die unsinnigen da zu tractiren ist. In dieser Anordnung stellte man die Kranken also tiefer als die Züchtlinge, und wird man

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0154.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)