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Am Eingange befand sich eine starke Hauptthür mit Schloß, Riegeln und Vorhang. Die Cojen lagen an einem Gang, hatten feste Eichenthüren mit einem eisernen Gitter; vor diesem befand sich außen eine mit einer eisernen Stange versehene Klappe, die so aufgestellt wurde, daß den Kranken die Speise vorm Gitter darauf gesetzt wurde. 1747 zeigte der Chirurg an, daß die Personen im Dollhause sich in gar schlechten und elenden Umständen befanden was Bekleidung und Bettzeug betreffe, um so mehr, da diese tollen Leute weder Kleider noch Bettzeug in 8–9 Jahren erhalten hätten, d. h. doch wohl, nur keinen neuen Ersatz derselben. Aber 1749 berichtet er wiederum, daß sie fast nackend und bloß einhergingen und sich vor Läusen nicht retten noch bergen könnten, auch kein Bettzeug mehr hätten, womit sie sich bedecken könnten. Die versuchte Combination mit dem Zuchthause hatte ihren Grund theilweise darin, daß man wegen der geringen Zahl der Insassen (1749 nur 7 Personen) daran dachte das letztere aufzuheben. Aber es waren dort auch nur wenige Geisteskranke, 1739 anscheinend nur 4, über die genauer berichtet wird, namentlich über ihre etwaige Entlassung. Dies geschieht von dem Feld-Propst Bötticher, Prediger am Neumünster’schen Zuchthaus. Er sagt: „was das Tollhauß betrifft, so ist der 1ste Gefangene B. C. Leetz meist ganz vernünftig und kann man bey Tage selten an ihn eine Ausschweiffung vermerken. Doch soll er je zuweilen des Nachts etwas unruhig seyn. Wenn also derselbe in Kiel bei seinen Angehörigen könnte untergebracht werden, könnte man ihn genung loslassen. Der 2te C. Witten ist etwas alber, doch dabei noch ziemlich geruhig, außer wenn der paroxismus kommt, denn alsdann wüthet er außerordentlich. Es gehet aber doch in einigen Tagen vorüber. – 3. L. A. ist vor Liebe rasend. Denn ob sie gleich schon alt und bey nahe 50 jahr ist, so waltet doch die Unruhe desfalls noch in ihrem Geblüte, ist dabei eigensinnig und böse, und muß zuweilen etwas hart gehalten werden. Auch diese könnte meines ermessens bey ihren Anverwandten allhie wol unterhalten

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Kirchhoff (Arzt): Die frühere Irrenpflege in Schleswig-Holstein
aus Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Band 20, S. 131-192
. Commissions-Verlag der Universitäts-Buchhandlung, Kiel 1890, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_fr_schles-20_0153.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)