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Diese dunkelen Räume befinden sich aber genau an derselben Stelle, an welcher sich die hellen Linien oder Banden zeigen, wenn man das glühende Gas für sich allein durch das Spectroscop betrachtet. Jedes glühende Gas sendet nun aber ganz bestimmte helle Linien aus, folglich kann man den Körper schon aus der Lage der Linien, die er im Spectroscope zeigt, bestimmen. Ebenso kann man natürlich einen Stoff bestimmen, wenn man ihn in Dampfform vor einen weißglühenden Körper von erhöhter Temperatur bringt, es zeigen sich dann im Spectrum dunkele Linien statt der vorher gesehenen hellen. Auf diese Weise hat Kirchhoff an der Sonnenoberfläche verschiedene Stoffe nachgewiesen, die sich auch bei uns auf der Erde befinden. – Die Sonnenflecke werden nach Kirchhoff auf folgende Weise erklärt. Entstehen durch irgend welche Processe Condensationen in der Sonnenatmosphäre, so zieht diese Condensation, die etwa mit einer Wolke verglichen werden kann, eine andere in höhern Regionen nach sich, da sie vermöge ihrer Dichte die Ausstrahlung des Kernes nach oben hin hindert. Mit Hülfe beider Condensationen lassen sich nun die hauptsächlichsten Erscheinungen bei den Sonnenflecken erklären.

Dieser Kirchhoffschen Hypothese entgegen stellte Faye im Jahre 1865 eine andere auf, etwa dahin gehend, daß der Sonnenkörper sich noch im gasförmigen Zustande befinde. An der Oberfläche bilden sich Incrustationen, die als feste Masse intensiv leuchtend sind und so das Licht verursachen, welches die Sonne uns zusendet. Diese festeren Massen folgen dem Gesetz der Schwere, sie sinken an verschiedenen Stellen nach dem Mittelpunkt der Sonne hin, werden aber auf ihrem Wege allmählig wieder in den gasförmigen Zustand aufgelöst. Die Sonnenflecke bezeichnen nun diejenigen Stellen der Sonnenoberfläche, wo diese Incrustationen verschwunden sind.

Eine der beiden angeführten Hypothesen, oder auch beide, dienen jetzt allen übrigen als Grundlage, ein Jeder aber, der sich mit der Sonne beschäftigt, hat dieselbe nach seiner Ansicht modificirt. Bei der Aufstellung der erwähnten Hypothesen waren die Gebilde, die man bei totalen Sonnenfinsternissen am Rande der Sonne erblickt – die Protuberanzen – wenig oder gar nicht berücksichtigt. Gerade über diese räthselhaften Erscheinungen haben die letzten totalen Sonnenfinsternisse näheren Aufschluß gegeben. Wir haben uns dieselben als Ströme leuchtender Gase zu denken, die durch irgend welche Processe säulenartig oder in den verschiedensten Formen von der Sonnenoberfläche emporgetrieben werden. Sie bestehen hauptsächlich aus Wasserstoff und nehmen sehr rasch die verschiedensten Formen an. Der pariser Astronom und Physiker Janssen, der zur Beobachtung

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 609. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_609.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)