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Für Wallace’s Annahme, daß die östlichen und westlichen Hälften des Archipels ursprünglich verschiedenen Erdtheilen angehört, scheinen allerdings manche, zum Theil schon vor ihm erkundete Vorkommnisse zu sprechen. Wer möchte z. B., ganz abgesehen von gewissen uns nun hier weiter nicht betreffenden Abweichungen der Vegetationsverhältnisse, verkennen, daß Celebes, Java, Borneo, Sumatra mit ihren schwarzen Pavianen, ihrer Anoa, dem malayischen Bären, dem Tiger, dem Elephanten, den Rhinoceronten, Axishirschen, dem Sundarind und der Kerbaurasse des Büffels und den Nashornvögeln der westlichen asiatisch-afrikanischen Hälfte angehörend sich zeigen. Wer aber möchte wiederum verkennen, daß Timor, Flores, Lombok, Arru u. s. w. mit ihren Kängururatten, Kakadus, Honigsaugern, Großfußhühnern und Paradiesvögeln sich mehr zur östlichen Welt Australiens hinneigen. Wallace behandelt dies Thema auch vom entomologischen Standpunkte aus eingehend, und sucht endlich jene Verschiedenheit noch durch die Gegensätze der im östlichen und im westlichen Archipele vorherrschenden Menschenrasse der Papuas und Malayen zu präcisiren.

Es darf mir hier nicht einfallen, Wallace auf allen seinen bedeutenderen und unbedeutenderen Streifzügen im Far-East zu verfolgen, alle seine zoologischen zum Theil recht ansprechenden Bemerkungen, so über den fliegenden Laubfrosch, die Borneokäfer, über die spaßigen Brenthiden, über den Zirkelschmetterling, den Blattschmetterling, den Racketteisvogel u. s. w. eingehender zu besprechen. Doch aber will ich hier zwei Glanzpunkte seiner zoologischen Erörterungen ins Auge fassen, nämlich über den Orang-Utan und die Paradiesvögel.

Bei dem großen und allgemeinen Interesse, welches die Naturgeschichte der anthropomorphen Affen gerade in unserer wissenschaftlich so ungemein bewegten Zeit erweckt, erscheinen die auf eigenste Anschauung begründeten, ruhigen und klaren, manches herrschende Vorurtheil zerstörenden Berichte unseres Verfassers über den Orang-Utan oder Mias ganz besonders dankenswerth. Das Thier lebt auf Sumatra seltener, auf Borneo häufiger, auf letztgenannter Insel in vielen Distrikten der Südwest-, Südost-, Nordost- und Nordwestküsten. Dasselbe hält sich nur in niedrig gelegenen, sumpfigen Wäldern auf. Etwas erhabeneren, trocknen Boden liebt dies Thier nicht. Eine große Fläche ununterbrochenen und gleichmäßig hohen Urwaldes ist für sein Wohlbefinden nöthig. „Solche Wälder sind für sie (die Mias) offenes Land, in dem sie nach jeder Richtung hin sich bewegen können, mit derselben Leichtigkeit wie der Indianer über die Prairie oder der Araber durch die Wüste; sie gehen von einem Baumwipfel zum anderen, ohne jemals auf die Erde hinabzusteigen.“ (I. S. 81).

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 541. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_541.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)