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von der Ernte. Von allen Landesproducten wird die eine oder die andere Abgabe erhoben; die Kherak wird in natura entrichtet, während dem Verderben leichter ausgesetzte Producte oder solche, welche schwer nach der Kherak besteuert werden können, die Tanap bezahlen. Wer drei Jahre lang mit der Steuer rückständig bleibt, verliert das Recht des Nießbrauches des Bodens. Solche Grundstücke heißen Milkh-Khaïr-Khurr, d. h. Eigenthum, dessen Früchte der Steuer unterworfen sind. Offene Felder hingegen haben Gemeinden (Dschemaliat) zum Nießbrauch, welche in jedem Frühjahr den Boden unter ihre Mitglieder vertheilen, die dann nach Maßgabe der Culturen eine oder die andere der obengenannten Steuern zu entrichten haben; außerdem haben sie die Irrigationscanäle in Stand zu halten und je nach Bedürfniß, jedoch nur mit Erlaubniß des Emir, neue anzulegen. Die Ssu-Aksakals (Wasserbau-Inspectoren) regeln die Vertheilung des Wassers unter den Adjacenten. Durch dieses System sind alle Communen mit befruchtenden Canälen versehen; es liegt aber ebenso den Milkh-Khaïr-Khurr die Erhaltung der Canäle ob. Die Höhe der Steuer richtet sich theils nach der Beschaffenheit des Bodens, theils nach der der Canäle, bei letzteren namentlich danach, ob die Canalanlagen vom Staate, von einer Commune oder von einem Privatmanne gemacht worden ist. Nur sehr wenige Grundstücke sind wirkliches Eigenthum von Privatleuten und als solche von jeder Abgabe frei; die Finanznoth zwingt aber mitunter den Emir Grundstücke zu verkaufen, jedoch kann er einen solchen Verkauf nicht ohne Einwilligung des Rathes der Mollah’s, Ulema’s, Kasi’s u.a. abschließen; solche abgabenfreien Besitzungen heißen „Milkh-Khurr“. Die Russen haben übrigens bis jetzt in diesem Steuersystem noch nichts verändert.

Die Bevölkerung des Thalbeckens von Samarkand besteht zum größten Theil aus Tadschik’s; außerdem lebt dort eine Anzahl Usbeken vom Stamme der Naïman, Perser, alte Sklaven oder Nachkommen von Sklaven, wenige degenerirte Araber, Turkmanen, Juden und Hindu-Kaufleute; die Unruhen in Kabul während der letzten Jahre riefen eine Auswanderung von Afghanen hervor, welche sich in Samarkand niederließen. In den südlichen Gebirgen trifft man die Khaldscha’s, welche von sehr altem Ursprunge zu sein behaupten. Alle diese Nationalitäten haben ihren typischen Nationalunterschied treu bewahrt.

Das Klima gleicht dem in den übrigen Theilen Centralasiens; Regen fällt, mit Ausnahme während einer kurzen Zeit im Frühjahr, niemals, und nur die Nähe der Gebirge, sowie der Fluß, bewirken im Sommer einige Erfrischung. Der Winter ist ungemein rauh; ich beobachtete am 15. Februar 1870 (neuen Styls) um 9 Uhr Morgens

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 411. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_411.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)