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gerudert werden, bugsirt werden. Dutzende solcher Leichter liegen in der Bucht stets beladen. Auch von anderen Schiffen ist der Hafen belebt; so ankerte dort eine große russische Bark, welche mit Kohlen beladen war; daneben lag ein schmucker amerikanischer zur Walfisch- und Robbenjagd ausgerüsteter Schooner. Außerdem sahen wir noch den kleinen portugiesischen Schooner, der täglich nach Saõ Antonio hinüberfährt und Proviant holt, und einen großen portugiesischen Postdampfer, welcher monatlich von Loanda her über Saõ Vicente nach Lissabon fährt. Auch erwartete man stündlich zwei französische Postdampfer von und nach Südamerika. Fast täglich laufen Dampfer hier ein, um ihren Kohlenbedarf von oft mehreren Hundert Tons (1 Ton = 10 Ctr.) einzunehmen. Die Ton von den besten englischen Cardiffkohlen kostet in England höchstens 15 Schilling, in S. Vicente aber 40–50. Die Fracht macht allerdings zwischen 15 u. 20 Schilling aus; es verdient mithin der Händler, ein Herr Müller, in S. Vicente an jeder Tonne wenigstens 5 Schilling, sogar meist vielmehr. Derselbe hat übrigens keine Concurrenz zu fürchten, da er den ganzen brauchbaren Strand angekauft haben soll. Allerdings hat er diesen, sowie den Damm, die Kohlenschuppen, die Leichter, den Bugsirdampfer anzukaufen gehabt und zu unterhalten, aber in dem gleichmäßig trocknen Klima ist letzteres wohl nicht schwer. Auch besoldet er eine Anzahl Commis, englische Arbeiter und Aufseher, sowie viele Dutzende von Schwarzen, ja, eigentlich lebt die ganze Insel von ihm. Die übrige Bevölkerung besteht, außer den portugiesischen Autoritäten, nur aus einer Anzahl portugiesischer Krämer, die von dem Schiffs- und Kohlenverkehr leben, und aus etwa 2000 Negern, von denen etwa 100 noch Sklaven sind. Die meisten leben in der Stadt von Kohlen- und Schiffsarbeit, die anderen zerstreut auf der Insel. Jene portugiesischen Autoritäten bestehen aus einem Hafenmeister und einigen Zoll- und Postbeamten, sowie einem Geistlichen. Die Subalternbeamten, Zollwächter und Soldaten sind alle Neger und sprechen nur portugiesisch. Außerdem giebt es noch einen englischen Consul und einen von der portugiesischen Regierung mit 600 Dollars besoldeten schweizer Arzt, Dr. Salis, der früher in Mozambique stationirt war. Da letzterer von jedem einfahrenden Schiffe ein Pfund Sterling erhält und ein kleines Gehalt (80 Dollar) von dem englischen Comptoir bezieht, so mag er sich jährlich auf einige 1000 Dollars (portugiesische Milreis) stehen. Die Oberbehörden für die capverdischen Inseln, sowie der eine Bischof, wohnen in Praga Grande auf Santiago, ein zweiter Bischof auf Saõ Nicolas. Da aber Praga Grande ein außerordentlich ungesunder, besonders von perniciösen Wechselfiebern heimgesuchter Ort sein soll und keinen guten Hafen besitzt, so stehen alle diese Behörden im Begriff, nach S. Vicente überzusiedeln. Deshalb werden hier mehrere große Gebäude mit großen kühlen Parterreräumen und hohen Fenstern aus großen Lavaquadern, wie sie die Insel reichlich liefert, gebaut. Das eine für den Zoll und die Post bestimmte Gebäude ist bereits fertig, ein anderes soll für die Regierung bestimmt sein und ein drittes, alle anderen überragendes wurde mir als künftiges Hospital bezeichnet. Sonst enthält die Stadt nur einige freundliche, den Engländern und dem Dr. Salis gehörige Häuser, meist mit Verandas und kleinen Vorgärten. Außerdem befinden sich hier ein Paar zweistöckige von portugiesischen Kneipen und Kramläden besetzte Häuser, sonst aber nur elende kleine viereckige Hütten mit einer kleinen Thüröffnung, die übrigens

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_373.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)