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vierzehn Knoten, so daß selbst Dampfschiffe dagegen nicht ankämpfen können.


Canton, den 31. Januar.

Ich habe diesen Brief noch nicht abgeschickt, da ich meine weiteren Pläne erst bestimmt formuliren wollte. Ich kam nach Canton mit der Absicht, den Si-kiang oder Westfluß hinaufzugehen, durch die Provinzen Kuang-tung und Kuang-si bis Yünnan und dann einige Monate in Sze-tschuan zuzubringen. Die Reise ist noch nie von Europäern gemacht worden. Ich konnte daher erst hier einige Information darüber sammeln, besonders von Kaufleuten aus Yünnan, die auf dem genannten Weg den kostbaren Jade-Stein hinabbringen. Das Resultat meiner Erkundigungen ist, daß die Reise mehr Zeit erfordern würde als ich darauf zu verwenden wünsche. Sie würde interessant sein. Allein da ich auch auf den praktischen Werth meiner Resultate sehen muß, so glaube ich, daß ich in derselben Zeit, die jene Reise in Anspruch nehmen würde, Wichtigeres leisten kann. Ich habe mich daher vor zwei Tagen entschlossen, von hier nach der Provinz Hu-nan zu gehen. Dies ist eine der productivsten Provinzen von China und noch ganz unbekannt. Von dort werde ich mich wahrscheinlich nördlich wenden, durch Hu-pe und Ho-nan nach Schansi-Szy-tschuan; Yünnan und den West-Fluß hoffe ich in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres zu besuchen. Wahrscheinlich werde ich Dir aus Hu-nan wieder schreiben.


Shao-tshan-fu, den 12. Januar 1870.

Ich mache hiermit den Anfang zu einer Art brieflichen Reisetagebuchs, das ich versuchen will, periodisch fortzuführen. Doch kann ich Dir nur ein Stückwerk bieten, da Zeit und Gelegenheit nur hin und wieder für das Briefschreiben günstig sein werden. Auch in Betreff des Inhalts darfst Du nicht viel erwarten; denn es ist mehr meine Absicht Dich über den Gang meiner Reisen in China informirt zu halten, als eingehende Mittheilungen über Beobachtungen und Resultate zu geben. Ich habe genug zu thun, diese in meinem eigenen Tagebuche niederzulegen, aus dem Du sie wohl noch einmal in irgend einer Form erfahren wirst.

Ich verließ Canton am 1. Januar und habe nach zwölftägiger Wasserfahrt glücklich die 36 deutschen Meilen bis zu diesem Ort zurückgelegt, ein Weg, den man bei uns in einem Vormittag machen

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_329.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)