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des Maina Taherke, neben dem noch Ali-ben-Sidi functionirte. Doch nach dem Tode des letzteren hat man sich dahin geeinigt, den Tomāghera allein das Vorrecht zu belassen, den Dardeï zu liefern, während die Gunda nur dadurch ausgezeichnet bleiben, daß ihr Chef mit jenem bei Beutevertheilung, Durchgangszöllen und Geschenken zu gleichen Theilen geht.

Das Volk hat keinerlei Rechte, aber auch keinerlei Pflichten. Abgaben sind ihm unbekannt, doch ist sein Loos bei der Armuth des Landes trotzdem kein beneidenswerthes. Die Beute der Ghazien fällt fast ganz den Edlen zu, und wo nicht, wie im Flußthal Bardaï, Arbeit und Landbau in etwas blüht, sind sie großentheils der Gnade dieser anheimgegeben. Die Edlen sind in fabelhafter Menge vorhanden. Fast Jeder ist Maina in den westlichen Thälern, entwickelt mit Stolz seine edle Abkunft und ist dem entsprechend hochmüthig und anspruchsvoll. Den Ursprung dieser Aristokratie dem Volke gegenüber festzustellen, muß späteren Forschungen überlassen bleiben.

Diese sociale Schichtung und die politische Anordnung schließt sich den Zuständen an, die wir bei den verschiedenen Gliedern der großen Berberfamilie finden, und sondert die Tibbu Rešāde entschieden von den reinen Negervölkern, wo der Absolutismus des Sultans ohne hemmendes aristokratisches Element vorherrscht.

Aus dem Volke sondert sich noch ein Element ab, dessen exceptionelle Stellung schon durch Gerhard Rohlfs bekannt geworden ist, das der Schmiede. Wenn schon in anderen Ländern und Völkern sich an diese Profession sonderbare geheimnißvolle Eigenschaften knüpfen, die sich sogar nicht selten auf die Frau übertragen, so beschränkt sich doch die Eigenthümlichkeit in Tibesti nicht auf die Kenntniß von Zaubertränken u. s. w., Künste, die ich im Gegentheil nicht habe an ihnen in Erfahrung bringen können; es nehmen vielmehr die Schmiede hier eine höchst sonderbare Paria-Stellung ein, die sie gänzlich von der Gesellschaft ihrer Mitbürger ausschließt. Jemand einen Waffenschmied heißen, ist eine Beleidigung, die nur durch Blut gerächt werden kann. Niemand giebt seine Tochter einem Schmiede zur Frau, Niemand läßt seinen Sohn das Handwerk eines solchen erlernen, Niemand steht in näherer Verbindung mit diesem Paria. Das Handwerk vererbt sich von Vater auf Sohn, die Verheirathungen geschehen unter ihres Gleichen, und so bleibt die Kaste für sich, rein und unvermischt. Und doch ist dies nicht reine Verachtung. Es wird auf der andern Seite Niemandem einfallen, einen Schmied zu beleidigen oder gar mit bewaffneter Hand anzugreifen; die größte Schande würde solcher That ankleben. Er wird vielmehr wie ein Weib betrachtet,

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_312.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)