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Die Tedā Tu’s scheiden sich in Edle (maina) und Volk, und an der Spitze des Ganzen steht ein Sultan oder Fürst (dardeï), welcher abwechselnd aus einer der vier Zweige der Tomāghera, welche im Lande wohnen, hervorgeht. Die Macht desselben ist durch das aristokratische Element der Edlen beschränkt und thatsächlich sehr unbedeutend. Zwar haben einzelne Fürsten, wie noch der Vorgänger des jetzigen, der Maina Taherke, sich großer Autorität erfreut, doch lag dies mehr in seiner Persönlichkeit, als in seiner Stellung. Eine wie geringe Machtentfaltung diese selbst implicirt, hatte ich hinlänglich zu sehen an dem Einflusse, dessen der jetzige Sultan, Tafertemi, genießt.

Der Dardeï präsidirt der Versammlung, dem großen Rath der Edlen, der alle Fragen von öffentlichem Interesse ventilirt und entscheidet. Er wird bei allen Unternehmungen und streitigen Fällen zu Rathe gezogen und hat das Recht, bei zu unternehmenden Ghazien den mit ausgedehnter Gewalt bekleideten Anführer zu ernennen. Doch hat er weder die Gerechtigkeitspflege in seiner Hand, noch kann er auf eigene Faust irgend welche öffentliche Anordnungen treffen, noch hat er irgend welche Executiv-Gewalt zu seiner Verfügung. Seine Zustimmung sucht man in althergebrachter Achtung vor seiner Würde zu Allem, handelt jedoch vorkommenden Falls auch ohne dieselbe nach eigenem Ermessen. Er dagegen kann in keinem Falle der Zustimmung der Versammlung der Edlen entbehren.

Materielle Vortheile erwachsen dem Dardeï aus seiner hervorragenden Stellung nicht, wenigstens sind dieselben nicht nennenswerth. Er kann äußerst arm sein und bleiben, wofür Tafertemi, der länger als ein Menschenalter an der Spitze des Landes steht, wieder der beste Beweis ist. Leider hatte ich die aus solcher Armuth des Staatsoberhaupts, die sonst ideal bewunderungswürdig erscheinen könnte, resultirende Abhängigkeit von Andern, welche in meinem Falle Tafertemi ganz in die Hände meiner Feinde lieferte, zu erfahren Gelegenheit.

Beim Regierungsantritte bietet das Land seinem Dardeï als Aussteuer und Insignien ein Zelt, einen Teppich, einen Burnus und einen rothen Torbusch dar, und außer diesen Emolumenten hat derselbe einen beträchtlichen Antheil an der Beute der Ghazien, an dem Durchgangszoll der Karawanen und den Geschenken der Reisenden. Doch freilich sind Karawanen und Reisende seit der Unterbrechung des Karawanenweges zwischen Murzuk und Wara und bei dem abscheulichen Rufe der Tibbu von äußerster Seltenheit.

Früher gab es zwei Sultane im Lande Tu, einen aus dem Stamme der Tomāghera, und einen aus dem der Gunda. So noch zur Zeit

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_311.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)