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Es wäre daher zu wünschen gewesen, daß dieses ganze von den Russen verarbeitete Material nicht ohne weiteres (mit der sehr geringfügigen Ausnahme des Strymonlaufes) als direkte Grundlage der neuen Karte angenommen, sondern in kritischer Combination mit allen anderen vorhandenen guten Quellen wäre verwerthet worden; statt dessen sehen wir diese (natürlich mit Ausnahme der ja ebenfalls durch militärische Aufnahme gewonnenen französischen Marschrouten von 1854) nur zur Ausfüllung benutzt und daher häufig dem weit weniger zuverlässigen russischen Material untergeordnet, oder wo sie demselben zu widersprechen schienen, einfach ignorirt. So hätte Viquesnel’s Karte der Rhodope nicht allein zur willkommnen Ausfüllung des bis zu ihrem Erscheinen (1854) leeren Raumes zwischen Maritza- und Strymon-Thal und der ägäischen Küste dienen, sondern auch für das Nestus-Thal oberhalb Nevrekop (nicht Negrokop, wie Herr S. den Russen zu Liebe schreibt) als maßgebend statt des ganz unrichtigen russischen Routiers benutzt werden sollen; so ist H. Barth’s Route von Rustschuk nach Saloniki (1862), eine, was die Zeichnung betrifft, auf vorzüglich genauen Beobachtungen beruhende Arbeit, zwar in ihrem nördlichsten und südlichsten Theile benutzt worden, gerade da aber, wo sie es vorzugsweise verdiente als Grundlage zu dienen: von Turnow durch den Balkan[1] nach Filibe und westlich weiter über Samakow nach Dubnitza, ganz ignorirt und damit die Gelegenheit versäumt worden, die Gegend am Südabhange des Balkan um Kalofer und Karlowa (welches Herr v. S. mit einem bereits durch Herrn Prof. v. Hochstetter gerügten Versehen auf die Nordseite des Gebirges setzt) und die Linie von da nach Filibe richtiger niederzulegen.

Das kleine montenegrinische Gebiet erscheint (unter Verwerfung der im Jahre 1863 von der internationalen Grenzbestimmungs-Commission entworfenen und zu Wien selbst im militärisch geographischen Institute veröffentlichten, aber, wie sich jetzt herausstellt, ganz unzuverlässigen Karte) nach neuem Material niedergelegt, – nach welchem? das würde Referent nicht errathen, wenn ihm nicht ebenso wie Herrn v. Scheda die Gunst des k. russischen Generalstabs, der eine detaillirte Karte in großem Maßstabe 1860–66 durch Capitain Bykow hat aufnehmen lassen, eine photographische Copie derselben zu dankbarer Benutzung (natürlich ebenfalls nur in kleinem Maßstabe bis eine speciellere Publikation in St. Petersburg erfolgen wird) hätte zukommen lassen.

Für das Stromgebiet des Drin und des Wardar, welches bis vor kurzem zu den am wenigsten erforschten und am mangelhaftesten dargestellten Theilen der Türkei gehörte (das heutige Nordalbanien und die Westhälfte Macedoniens umfassend), war dem Verfasser die Arbeit leicht gemacht, indem er hier nur die gründliche Verarbeitung des älteren und des neugewonnenen Materials, welche unterzeichneter Referent vorzüglich auf Grund der von Herrn v. Hahn an Ort und Stelle gemachten Erhebungen und der noch unpublicirten Tagebücher von H. Barth’s


  1. Auch die specielleren Mittheilungen G. Lejean’s über die Umgebung von Turnow mit Karte im 15. Bande des Bulletin de la Soc. de Géogr. 1858 hat Herr v. Scheda nicht benutzt; ebensowenig, was in der That bei einem ihm so bequem zur Hand liegenden Material unbegreiflich erscheint, die in den Denkschriften der Wiener Akademie erschienene treffliche Arbeit über die Dobrudscha von Prof. Peters in Gratz.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 276. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_276.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)