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unverändert beibehalten ist? ist es bloße Bequemlichkeit der Hülfsarbeiter und fand der von anderweitiger Berufsthätigkeit vielfach in Anspruch genommene Herausgeber nicht die nöthige Muße, diese allerdings viel Zeit und Mühe kostende grundlegende Arbeit selbst durchzuführen? oder blieb er von der Brauchbarkeit seiner früher einmal mit unvollständigerem Material durchgeführten Arbeit so fest überzeugt, daß er sich der Mühe einer gründlichen Reform überhoben glaubte, wie sie doch eigentlich jede kartographische Arbeit über ein solches Gebiet ohne gesicherte Ortspositionen nach jeder neuen Erhebung an Ort und Stelle voraussetzt? Darüber sähe man gern eine Aufklärung durch irgend eine schriftliche Erläuterung, deren Beigabe zu ähnlichen Werken in der That eine Pflicht gegen das wissenschaftliche Publikum ist. In Ermangelung einer solchen bleibt dem Kritiker nur übrig, den im Titel genannten Autor für solche Unterlassungssünden verantwortlich zu machen, die er mit seinem Namen ebensogut zu vertreten hat, wenn sie von seinen die Zeichnung ausführenden Gehülfen begangen sind[1].

Die mehrerwähnte aus den Jahren 1828–29 herrührende russische Karte umfaßt außer den Donaufürstenthümern von unmittelbar türkischem Gebiet in Europa bekanntlich die ganze Osthälfte von der Linie Nisch-Saloniki an, davon aber nur die den eigentlichen Kriegsschauplatz enthaltenden östlichen Theile in der Nähe des schwarzen Meeres, westlich etwa durch die Linie Rustschuk – Adrianopel – Rodosto begrenzt, und bis in die Nähe von Constantinopel in zusammenhängender Darstellung des Areals, während sie für den größeren Rest nur vereinzelte Routiers zwischen den Hauptorten giebt, vermuthlich größtentheils von russischen Officieren in flüchtiger Bereisung gemacht, natürlich von sehr ungleichem Werthe und in ihrer Verknüpfung manchen Unsicherheiten unterworfen.


de Géogr. de Paris, 1868, Vol. 15) – doch dergleichen verstreutes Material zusammenzusuchen ist den militärischen Herren Kartographen meist zu umständlich.

  1. Auch abgesehen von evidenten Fehlern vermissen wir in dem bisher besprochenen Theile der Karte manches, was man wohl in einer die Jahrzahl 1869 tragenden Karte zu finden ein Recht hätte: offenbar hat der Bearbeiter nicht gewußt, daß es in Serbien seit länger als einem Jahrzehnt keine Stadt und Kreis Gurgusowatz (wie er ruhig beibehalten hat), mehr giebt, und daß dafür jetzt der Name Knjaževatz gebraucht wird, daß ebensolange ein großer Ort (975 Einw. im J. 1866) Arilje als Hauptort eines Distrikts im Kreise Užice existirt, der auf der alten russischen Karte, daher auch auf der seinigen ebensogut fehlt, wie der jetzt aufblühende Marktort Arandjelowatz (762 Einw.) im Kreise Kragujewatz u. a. m. So sind bekanntlich von den vor mehreren Jahren aus Serbien vertriebenen Türken mehrere, schon jetzt je 1500–2000 Seelen zählende Städte in Bosnien neu angelegt oder an bestehende Dörfer angebaut worden: Orahowo, Schamatz, Unter-Azizie (früher Brezowopolje) u. a., diese fehlen ebenfalls ganz oder sind nur ihrem älteren Zustande nach als Dörfer bezeichnet, obwohl sie sämmtlich im Angesicht der österreichischen Grenze nur durch die Sawe geschieden liegen, ja die durch den oberen Nebenfluß der Sawe, die Unna, in eine türkische und eine österreichische Hälfte geschiedene Stadt Kostainitza ist – wohl durch Versehen des Stechers – gänzlich ausgelassen, während in desselben Verfassers großer Karte von Oesterreich doch wenigstens die österreichische Hälfte angegeben ist. Ebenso ist das Dorf Kula westlich von Widin (statt dessen auf Sect. VI durch Stichfehler der Name Kida steht) durch Zuwanderung von Tataren und Tscherkessen seit einigen Jahren zu einer schon über 3000 Bewohner zählenden Stadt unter dem Namen Adlie erwachsen.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_275.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)