Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V 264.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

mußte, um nach 14maligem öfters schwierigem Passiren des Flusses und seiner nördlichen Nebenflüsse am Ende eines mühseligen langen Tagemarsches, auf etwa nur 2½ Meilen geraden Abstandes, in die unterste Thalstufe mit den schon bekannten und durch antike Reste ausgezeichneten warmen Schwefelquellen unterhalb Gadara’s zu gelangen. – Eine geringere Wasserfülle, aber einen längeren Verlauf hat der untere Hauptfluß des Jordan, der Wadi Zerka, dessen untere Thalhälfte Capt. Warren recognoscirt hat, während es mir möglich war, die obere von Ammân abwärts, die vor einem Vierteljahr, als Warren dort war, noch für zu unsicher galt, hinzuzufügen. – Ich enthalte mich weitere Details anzuführen, die ohne Hülfe der Karte doch unverständlich bleiben würden. – Unter den vor Antritt der Reise von den Schwierigkeiten derselben gehegten Befürchtungen erwiesen sich die die Sicherheit betreffenden als völlig grundlos, begegneten wir doch sogar einer englischen Gesellschaft mit Ladies, die allerdings nur auf 3–4 Tage über den Jordan gegangen war; solche Touren sollen seit einigen Jahren in diesem Lande, wenn auch nur 3 oder 4 in jedem Jahre, gemacht worden sein. Die Unterwerfung unter die türkische Botmäßigkeit, welche freilich nur durch eine sehr kleine, zum Steuereintreiben eben ausreichende bewaffnete Macht repräsentirt wird, ist gegenwärtig vollständig genug, um die Beduinen zu einem Herablassen an den früher exorbitanten Preisen für Begleitung und Schutz zu veranlassen; entbehren und etwa durch türkische Begleitung ersetzen, die übrigens ebenso kostspielig sein würde, kann man dieselbe durchaus nicht, weil allein die Beduinen hinreichende Kenntniß der Oertlichkeiten und Wege besitzen. So blieb uns denn keine Wahl, als statt der zuerst verlangten 50 Napoleons nach längerer Verhandlung auf dem Consulate mit den betreffenden Scheichs schließlich 30 Napoleons für 5 Reiter auf 25 Tage zu bewilligen; noch mehr aber erhöht die Kosten und die Schwierigkeit des Reisens die Notwendigkeit, in dem größtentheils der festen Ansiedlungen ganz entbehrenden Lande Zelte und Vorräthe von Lebensmitteln, also auch eine große Anzahl von Begleitern mitzuschleppen, und dieselben für das jedesmalige Nachtlager an eine passende Stelle voraus zu dirigiren. – Ernstliche Hindernisse und mitunter wirkliche Schwierigkeiten bereitete uns die Unregelmäßigkeit der klimatischen Verhältnisse – nicht etwa der nach den ersten übertriebenen nach Aegypten gelangten Nachrichten befürchtete Wassermangel, sondern gerade das Uebermaß an Niederschlägen, welches die Trockenheit der Wintermonate abgelöst hatte. Der erste Reisetag von Jerusalem (von wo erst um Mittag aufgebrochen werden konnte) bis Jericho, am 7. April, ruinirte einen großen Theil der mitgenommenen Vorräthe und der Reiseeffecten durch die kolossale Masse des Hagels und des Regens, in den sich ein heftiges Gewitter aufgelöst hatte; die durchdringende, jede Bewegung der Finger unmöglich machende Kälte wich erst am Abend beim Hinuntersteigen in das Jordanthal einer milderen, doch immer noch kühlen Temperatur, und die Thalebene bis zum todten Meer war folgenden Tages in ein Schlammmeer aufgelöst, in welches die Pferde tief einsanken, während die Nachbarschaft von Jericho selbst vom Regen gänzlich unberührt geblieben war. Die höchsten Rücken des östlichen Gebirges, namentlich der etwa 3600 Fuß über dem Meer hohe Djebel Oscha bei Salt und die bis 2700 Fuß ansteigenden Berge bei Hebron zeigten sich mit Schnee bedeckt, der erst zwei Tage später ganz verschwand.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_264.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)