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„Lande der Berdoa“ (Borgu?) gelebt und florirt habe. Doch, um seine Ansicht, daß die ursprünglichen Bewohner der östlichen Wüste nichts mit den Berbern gemein hätten, zu stützen, nahm er an, trotzdem ihm die Endungen der Worte Berdoa, Berdeva etc. einen Tedā-Charakter zu haben schienen, daß die Berdoa aus berberischen Wohnsitzen in die Tibbuländer gekommen seien und sich daselbst festgesetzt hätten.

Ich verkenne keineswegs die hohe Bedeutung der Sprache eines Volkes in der Feststellung seiner Abstammung, und selbst wenn ich nicht von der Verwandschaft der Kanuri- und Tedā-Sprache betroffen worden wäre, wie Barth es war (meine philologischen Kenntnisse würden nicht daran denken, eine Autorität, wie die Barth’s, in dieser Beziehung kritisiren zu wollen): doch darf man, scheint mir, über die Bedeutung des sprachlichen Elementes nicht alle anderen Momente vergessen, welche die Nationen charakterisiren und von einander scheiden. Leo’s Zeugniß scheint mir ganz entschieden nur ein Ausdruck der allgemeinen Ansicht zu sein, daß mehr gegen Norden zu, in der libyschen Wüste, Berber wohnten und domizilirten, oder Leute mit Berbernatur, deren zur Zeit bedeutendster Stamm, die Berdoa, schon vor Jahrhunderten Bornu einen König gegeben habe. Und haben wir nicht noch ein anderes Zeugniß, welches dieser Ansicht einen directeren Ausdruck verleiht, in der Bemerkung des citirten Scheich Mohammed Ebn-Omar-el-Tunsi, daß die Tuareg ihren Ursprung von den Tibbu genommen hätten? Ich will durchaus nicht die geographischen Kenntnisse und ethnographischen Studien des geistreichen Scheich’s verherrlichen, doch scheint mir seine Ansicht in diesem Falle mehr oder weniger der allgemeinen Anschauung zu entsprechen.

Doch betrachten wir die entgegenstehende Hypothese Barth’s etwas genauer. Dieser berühmte Forscher sagte: der unzweifelhaften Autorität Leo’s gegenüber, der man das Vorhandensein der Berdoa in der libyschen Wüste, ihre Berbernatur und den Ursprung der Bornu-Dynastie aus ihnen nicht abstreiten könne, müsse man annehmen, daß diese Berdoa oder Berdeva, trotz der Tedā-Endung ihres Namens, ein aus Westen in die Tibbuländer gedrungener Berberstamm seien, dem seine Eroberungen im Osten durch die zeitweise Ohnmacht Bornu’s erleichtert worden seien.

Zunächst scheint es mir schwierig, nicht allein die Existenz, sondern sogar die Herrschaft eines zuerst unbedeutenden, feindlichen Elementes in Mitten der Tibbuländer für eine lange Reihe von Jahrhunderten zuzulassen, wie es doch sein müßte, wenn, wie Barth sagte, „möglicherweise die Berdoa schon Jahrhunderte vor dem ersten historischen Bornukönige Saef in diesen ihren östlichen Wohnsitzen gelebt und geherrscht hätten.

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 224. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_224.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)