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noch die Goraʿan, weder über die Bewohner Kauar’s, noch viel weniger über die der nördlichen Tibbulandschaften. Wir ersehen aus ihnen nur einen ursprünglichen, nationalen Gegensatz der Tibbu zu den Völkern des östlichen Sudān.

Wenn Leo Africanus die Goraʿan ein „ganz barbarisches Volk mit nomadischen Sitten und unverständlicher Sprache“ nennt, so scheidet er sie dadurch ebenso entschieden von den Negern, als von den Berbern, mag er damit die Zorhaua gemeint haben oder nicht.

Der Scheich Mohammed Ebn Omar-el-Tunsi spricht sich bestimmter über die Goraʿan aus und trennt sie ganz entschieden von den Sudanern. Er schildert sie als braun, ähnlich den Egyptern (so hellfarbig, daß die Wadaïer, welche allzu helle Hautfärbung nicht lieben, die Sklavinnen aus diesem Stamm verachten), zierlich von Gestalt, daß sie nicht sudanischer Abkunft zu sein schienen. Man sieht aus dieser kurzen Notiz, daß seine Beschreibung besser einem Berberzusammenhange entspricht, als engeren Beziehungen zu den Negern.

Eine Hauptstütze für diejenigen, welche den Berberursprung der Tibbu aufrecht erhielten, war ein Zeugniß Leo’s des Africaners, das Barth zu entkräften versucht hat. Leo erzählt uns, daß zur Zeit seines Aufenthalts im Sudān die Landstriche im Norden von Bornu und Kanem bis Fezān und Udžila hinauf dem Berberstamme der Berdoa (Berdeoa, Bardeoa, Berdeïtae, Bardeitae, Berdeva, Birdeva) gehorchten; daß dies derselbe Stamm sei, aus welchem Saef, der Stammvater der Bornu-Könige entsprang, der gegen 900 n. Chr. das weite Königreich Kanem gründete; und daß die Wohnsitze desselben von einer Karavane, die von Udžila südlich zog, gegen Ende des 15. Jahrhunderts in der libyschen Wüste entdeckt wurden.

[Man hat diese Wohnsitze zu fixiren gesucht und nahm vielfach ganz willkürlich Borgu an, zugebend, daß diese Landschaft eigentlich für diese Annahme zu weit von Udžila entfernt wäre.]

Diese Relation Leo’s wurde um so weniger angezweifelt, als Makrisi und später der Sultan Bello in vollständiger Uebereinstimmung mit ihr der Bornu-Dynastie einen berberischen Ursprung zuschrieben.

Als Barth, auf seine Sprachstudien gestützt, die Ueberzeugung von der nahen Verwandtschaft zwischen Tedā und Kanuri gewonnen hatte, suchte und fand er, ohne der Autorität Leo’s zu nahe zu treten, einen Ausweg aus dieser Schwierigkeit, die für die allgemeine Auffassung der Tibbu als von Berberursprung sprach. Er gab danach zu, daß zu Leo’s Zeit ein Berberstamm „Berdoa“ in der libyschen Wüste gelebt haben müsse, und daß aus diesem zu Ende des 9. Jahrhunderts die Bornu-Dynastie ihren Ursprung genommen habe. Er fügt sogar hinzu, daß derselbe möglicherweise schon Jahrhunderte zuvor im

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_223.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)