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Goraʿan und Dāsa zusammengefaßt zu werden pflegen.

Wie bedeutend die Unterschiede zwischen diesen einzelnen Abtheilungen sind, können wir vorläufig noch nicht sagen. Genug, um sie in die nordafrikanischen Völkerfamilien einzureihen, hat man sie bis in die neueste Zeit fast allgemein als barbarischen Ursprungs bezeichnet oder sie wenigstens den Berbern näher stehend geglaubt, als irgend einer andern Völkerfamilie.

Untersuchen wir die geringen Anhaltspunkte, welche uns die Geschichte bietet, so finden wir die Tibbu der Stammländer selten auf der weltgeschichtlichen Bühne. Es sind vielmehr ihre Brüder und Vettern, welche Kauar, Kanem und die nördlichen nachbarlichen Districte von Dar Fōr und Wadaï (Zorhaua) und vor Wadaï und Kanem (Goraʿan) bewohnten, die in der kampfreichen, stürmischen, wechselvollen Entwicklung Bornu’s zu thätigen und oft blutigen Rollen gezwungen wurden.

Nachdem in einer dunklen Periode das aus „verwandten Elementen“ zusammengesetze Reich der Garamanten, das vom heutigen Fezān aus die Landstriche der libyschen Wüste nach Osten hin und die Länder bis zum eigentlichen Nigritien nach Süden hin in lockerem Staatsverbande zusammenhielt, dem unerbittlichen Gesetz der Vergänglichkeit gehorchend, dahin gesunken war, finden wir in der Mitte des 12. Jahrhunderts bei Edrisi ein kaum minder ausgedehntes Reich derselben Gegenden, das der Zorhaua (Zaghawa) beschrieben, das, wenn auch in geringerem Maaßstabe von Ebn Saʿïd (1282), Ebn Batūta (1353) und Makrisi (1400) erwähnt wird.

Es erlag dem wachsenden Bornureiche, das von Kanem aus schon zu Ende des 12. Jahrhunderts alle Länder bis nach Fezān hin unterworfen zu haben scheint. Auch diese glänzende Machtentfaltung dauerte sicherlich nicht lange, denn schon zur Zeit Ebn Batuta’s waren die Zorhaua wieder selbstständig und ging sogar Kanem den Bornuherrschern verloren. Hier hatten die Bulāla ein Reich gegründet, das ganze Kanem an sich gebracht (um 1400) und auch die Zorhaua unterjocht. – Leo Africanus sah zu Ende des 15. Jahrhunderts das Bulāla-Reich in vollster Machtentfaltung, war aber auch noch Zeuge seines Verfalls. Die Zorhaua gewannen ihre Unabhängigkeit wieder, Kanem wurde von einem energischen Bornukönige wieder erobert, und das stolze Gebäude der Bulāla war dahin. Das unglückliche Kanem blieb noch manchen schweren Kämpfen unterworfen und war bis in die neueste Zeit der Zankapfel zwischen Wadaï und Bornu; auch Kauar wurde wiederholt von den Bornukönigen mit Krieg überzogen.

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 221. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_221.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)