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IX.
Die Tibbu.
Ethnographische Skizze von Dr. Nachtigal.
Eingesandt aus Murzuk.


Die Hartnäckigkeit, mit der sich der östliche Theil Nord-Afrika’s, welcher sich zwischen Fezān und der Bornustraße einerseits und Egypten andererseits ausdehnt und der von der Oase Džālo bis Wadaï reicht, den Explorationen Reisender entzogen hat; das Dunkel, in das Abstammung und Geschichte seiner Bewohner, die fast ausschließlich Tibbu zu sein scheinen, gehüllt sind; der kulturgeschichtliche Zusammenhang der Tibbu mit den Kanuri, den Barth’s scharfsinnige Blicke in den Sprachen beider und in der Geschichte Bornus verrathen, geben dem Studium von Land und Leuten dieser Gegenden ein besonderes Interesse.

Der Karavanenverkehr, welcher zwischen Wadaï und der Nordküste statt hatte, und der über kurz oder lang eine gewisse Kenntniß von Wadjanga hätte zur Folge haben müssen, da derselbe Borgu zwischen Wara und Murzuk in seiner ganzen Länge durchschnitt und ein gutes Stück von Tibesti passirte, ist seit Jahren unterbrochen, und der vortreffliche Sultan von Wadaï, welcher beide Straßen wieder zu eröffnen bemüht war, soll leider vor einigen Monaten gestorben sein, wie die jüngst angekommene Bornukaravane berichtet.

Die angeführten Länder aber sind leider die sonst am wenigsten zugänglichen aller von Tibbu bewohnten und auf der anderen Seite gerade ihre Kernlandschaften, deren Studium allein ein lebendiges Bild dieser Völkerfamilie geben kann. Freilich befindet sich eine beträchtliche Anzahl ihrer Repräsentanten in Fezān, in Kauar, und in Bornu, doch haben dieselben dort ihren ursprünglichen National-Charakter weder physisch noch moralisch so rein bewahrt, als die in den Stammsitzen Tibesti, Borgu und Wadjanga.

Tibesti habe ich jetzt unter den größten Schwierigkeiten und Gefahren zum Theil durchwandert. So mir Leben und glückliche Heimkehr aus dem fernen Süden beschieden ist, hoffe ich von Džālo aus der Oase Kúfarā und der Landschaft Wadjanga einen Besuch zu machen, denn dies scheint mir trotz der langen, wasserlosen Strecken noch der

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_216.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)