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VI.
Die Reise Walichanof’s nach Kaschgar,
ergänzt durch neuere russische Reiseberichte.
Von F. Marthe.


Nachdem die russische Occupation auch des oberen Syr-Darja durch Anlegung eines Forts am Naryn zur Thatsache geworden, und das ohnehin sehr geschwächte Chanat Chokand von seinem gewaltigen nördlichen Nachbar im Osten wie im Westen überflügelt ist, wenden sich die Blicke russischer Reisender und Heerführer unverkennbar nach Kaschgar, der nördlichen Hauptstadt des chinesischen Türkistān. Die erste russische Recognoscirungsfahrt nach diesem vielberühmten Punkte Innerasiens fällt schon in das Jahr 1858, und war einem jungen Offizier übertragen, der, ein geborener Kirgis-Kaissak, sich im höchsten Grade geeignet für seine Aufgabe erwies, und dessen frühzeitiger Tod im Interesse der Wissenschaft sehr zu beklagen ist. Der Reisebericht desselben war bisher nur zur Hälfte (von Ssemipalatinsk bis zum Issyk-Kul) publicirt, in den Denkschriften (Sapiski) der Kaiserl. Russ. Geogr. Gesellsch. 1861, No. 1 u. 2. Durch allerlei widrige Umstände verzögert erschien erst im Jahre 1868 (s. Iswestija d. K. Russ. geogr. Ges. 1868, 2, S. 264 ff.) die von P. Ssemenof bearbeitete Fortsetzung, und es war Zeit, den Manen Walichanofs, des talentvollen Reisenden, diese Ehrenschuld abzutragen, da unterdeß neuere russische Reisende mit weniger Gefahr ihm gefolgt sind, wiewohl nicht alle das Ziel erreichten, bis zu welchem ihm vorzudringen vergönnt war. Die neueren Reiseunternehmungen, auf welche wir eben hindeuteten, und die mit den jüngsten russischen Occupationen am obern Syr-Darja im engsten Zusammenhange stehen, sind 1) die Reise des Barons von d. Osten-Sacken im Jahre 1867, die sich an die Recognoscirungen des Generals Poltarazki in dem Striche zwischen Naryn und Tschatyr-Kul anlehnte; 2) die in dieser Zeitschrift (siehe Bd. 3, Heft 5 S. 446) schon kurz erwähnte Reise von Ssäwerzof in denselben Gegenden im Herbst 1867; 3) die Reise des Kapit. Steinthal im Herbst 1868 nach Kaschgar. Wir legen im Folgenden den Bericht Walichanof’s zu Grunde, weil er am vollständigsten ist, und werden ihn durch die Mittheilungen jener Andern so viel als möglich zu ergänzen suchen.

Als Walichanof am 26. September neuen Stils 1858 am Südufer des Issyk-Kul stand und sich anschickte, die hohe Gebirgswand zu

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_151.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)