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innere Ruhe dieses Stilllebens zu stören. Wer hier sich voller Gesundheit erfreut, um die Frische der Wildniß, sonst eine Quelle unvertilgbaren Heimwehs, in vollen Zügen einsaugen zu können, dem wird sie noch in späten Tagen etwas mittheilen von ihrem ewigen Grün, ihm in der Erinnerung stille Paradiese schaffen und ihm die hier verbrachten Tage zu den glücklichsten seines Lebens zählen lassen.

Im Juni kehrten die zur Abholung des Elfenbeins, welches die von Ghattās Seriben am Rōl aus ins Niām-Niām-Land unternommene Expedition in diesem Jahre zusammengebracht hatte, ausgeschickten Leute von jenem Flusse zurück. So nahe diese Seriben dem Bachr-el-Gebel auch gelegen, so erlaubte dennoch die äußerst feindselige Haltung der Eingeborenen daselbst nicht den kürzeren Weg zu wählen, und man war gezwungen den weiten Transport zur Meschera des Gazellenflusses zu bewerkstelligen. In ähnlicher Lage befinden sich auch die Seriben Scherifis und Wod-Abu-Ssamats, welche sämmtlich zum letztgenannten Landungsplatze Zuflucht nehmen. Für Ghattās Leute aber hatte ein solches Arrangement in diesem Jahre noch einen besonderen Grund. Die Hauptseriba Auidjuai war nämlich im April von den wenigen Zurückgebliebenen verlassen worden, nachdem auf einem Raubzuge gegen die Agār fast ihre ganze Besatzung, über hundert Mann, den Tod gefunden hatten. Die Zurückgebliebenen, welche von diesem Unglück durch befreundete Eingeborene benachrichtigt wurden, geriethen selbst in die größte Noth, da die Seriba alsbald von Tausenden der Agār förmlich belagert wird. Die Nachricht von dem Herannahen der Niām-Niām-Bande machte indeß die Belagerer zu einem Angriff unentschlossen und gewährte den Uebriggebliebenen, einigen Zwanzig an der Zahl, mit Zurücklassung aller Vorräthe, Munition, vieler Waffen etc. Gelegenheit im Schutze der Nacht zu entwischen und Abu Ssāmats Gebiet zu erreichen. Die Hauptseriba wurde alsdann von den Agār geplündert und verbrannt, während ein Filial-Etablissement Ajab des Ghattās unversehrt blieb und die Niām-Niām-Zügler aufnahm. Die Route zwischen hier und jenem Platze am Rōl wurde mir genau beschrieben und ich theile sie zum Schluß unter den Itineraren mit.

Auch in anderer Hinsicht lastete ein Unstern auf den Unternehmungen der Ghattās’schen Compagnie. Die Zeit war herangerückt, in welcher die Seriben-Verwalter, um ihre Träger zu bezahlen und neue Sklavenvorräthe gewinnen zu können, die jährlichen Vieh-Razzien zu unternehmen pflegen. Da sich die verschiedenen Gesellschaften gegenseitig Concurrenz machen, so ist man von Anfang an zur Vermeidung aller Zwistigkeiten über einige allgemeine Gesetze übereingekommen, eine Art Seriben-Recht, welches in allen Gebieten das

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_137.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)