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Welt stellen sie sich auf gleichen Standpunkt mit jenen Moslemin, wo die Moral allein, Jung-Stilling’s bischen Moral, den Ausschlag geben muß. Ueberall weist die Geschichte des Glaubens nichts auf als Bosheit, die der christlichen Moral dagegen alles Gute, dessen wir uns erfreuen. Doch wenden wir uns von menschlichen Erbärmlichkeiten zurück zu der reinen Gottesnatur dieser Wildnisse, welche ein Paradies, bewohnt von menschlichen Teufeln, darbieten. Zwei Stunden und 10 Minuten führen uns in nordwestlicher Richtung zu dem reizenden Waufluß, welcher sich nicht weit von hier mit dem Djūr vereinigt. Zwanzig Minuten von der Seriba Kurschuk-Ali’s ersteigt man bei einem Dorfe eine beträchtliche felsige Anhöhe und marschirt auf meist steinigem Terrain mit vielen Tümpeln und Wasserbecken in der Höhe weiter bis zu einer tiefen an Ocker reichen Eisengrube, hinter welcher ein steiler mindestens 100 Fuß tiefer Absturz zum Thal des Wau führt. Umstellt von dichtem über die felsigen bis 20 Fuß hohen Ufer hängenden Laubwerk der mannigfaltigsten Art, aus welchem ab und zu gewaltige Bäume hervorragen, schlängelt sich in lieblichen Mäandrinen der weit aus dem Lande der Niām-Niām herbeiströmende Wau auf eine weite Strecke von Süden nach Norden dahin. Von den Djūr Njenām genannt, scheint er auf der Hassenstein’schen Karte als Dor-Fluß zu figuriren, berührt aber das Gebiet dieses Stammes nirgends. Von den Leuten der Seriben Wau genannt, möchte ich, um eine Verwechselung mit dem gleichlautenden Bache Heuglin’s, dessen Ufer das Grab des unglücklichen Dr. Steudner beherbergen, zu vermeiden, den Namen „Großer Wau-Fluß“ in Vorschlag bringen. Die Stelle, an welcher derselbe von mir überschritten wurde, stimmt so genau zu der dem kleinen Wau, den die Djūr Gēt nennen, gegebenen Richtung, daß ein geographischer Kritiker ohne genauere Angaben unfehlbar beide mit einander verschmelzen würde. Allein außer der positiven Nachricht, welche mir von allen Seiten zuging, daß der erstere sich ganz in der Nähe gedachter Stelle mit dem Djūr vereinige, würde vor allem die Thatsache, daß er ein weit beträchtlicheres Gewässer bildet als Heuglin’s Wau, solcher Willkühr zuvorkommen. Das 150 Fuß breite Bett zeigte am 1. und 5. Mai dieses Jahres auf grobsandigem Grunde zur Rechten wie zur Linken zwei kleine Wassergräben, die munter gen Norden rieselten bei einer Breite von 10 bis 15 Fuß und einer Tiefe von 1–3 Fuß. Dieser Fluß ist also ein beständig fließendes Gewässer und im Verhältniß zu seinen Dimensionen wasserreicher als der Djūr. Zwei Stunden weiten Marsches in WNW., später in WSW. und zuletzt in W. führen in einem kleinen Bogen zu Agād’s Haupt-Seriba Wau, deren Verwalter Mohammed Saleh, ein alter Bekannter aller Reisenden der oberen Nil-Gegenden,

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_131.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)