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an der Fortgestaltung der Erdoberfläche arbeiten, und zwar auf Bahnen beschränkt, welche ihnen die Natur für immer zugewiesen, wie unsere perpetuell fließenden Gewässer, welche ja auch zur Zeit ihres niedrigsten Standes nicht ganz ohne Einfluß auf die Bodengestaltung der Länder bleiben. Periodisch dürfte man nur diejenigen Gewässer nennen, welche blos nach jedem Regen sich füllen und bewegen, wie die Chors im südlichen Nubien und die kleinen Bergflüsse Abyssiniens. Viele der hiesigen Wasserzüge besitzen ein wenig vertieftes Bett, welches bei Abnahme des Wassers sich schrittweise mit Graswuchs bedeckt, indem die Rasen theils neu an den sich erweiternden Ufern anwachsen, theils im Stande sind, monatelang die Wasserlast des Flusses zu tragen, ohne zu faulen und abzusterben. Diesem Umstande ist es zuzuschreiben, daß der Reisende in der trockenen Zeit an vielen Stellen über die Betten bedeutender Bäche schreiten kann, ohne in ihnen etwas anderes als bloße Undulationen des Terrains zu erblicken, welches mit gleichem Graswuchs oder gleichmäßigen Stoppel-Massen verdorrten, verbrannten und niedergetretenen Grases bedeckt erscheint.

In SSW. durchzog man nun die Steppen-Niederung zunächst der Meschera, eine Richtung, welche durchschnittlich während der ganzen fünftägigen Reise beibehalten wurde. Nach einer Stunde begann die Steppe sich mit vereinzelten Sträuchern und Bäumen zu beleben, welche sich bald zu einem lichten Buschwald vereinigten. Noch eine Marschstunde führte zu dem jetzt leerstehenden großen Dorfe der Schōl. Einige riesige Kigelien, welche in vollem Flor ihrer schwarzpurpurnen Tulpenblüthen standen, und an ellenlangen Stricken die merkwürdigen wurstförmigen Früchte herabhängen ließen, kennzeichnen den Ort. Die Schōl war zu unserer Verabschiedung eigens erschienen, und bewirthete für die Nacht die ganze Karavane mit dem aus Sirchkorn bereiteten Brode und Getränk. Am folgenden Morgen kam man durch eine Anzahl kleiner Dörfer, kreuzte wiederholt ausgedehnte Sirch-Culturen, deren 15 Fuß lange Schäfte noch überall am Boden umherlagen, und marschirte den größten Theil des Weges durch lichte Waldungen, welche aus Strauchbosquets und mittelgroßen Bäumen gebildet waren, bis zu den schleunigst von den Einwohnern bei unserem Herannahen geräumten Dörfern von Lāo (2 St. 49 Min.). Die vorwaltenden Bäume dieser an die Steppenwaldungen Kordofan’s, Taka’s und Gedaref’s erinnernden, und die Verbindung der südwestlichen dichteren Waldregion mit den Bergwäldern Takele’s und des südlichen Kordofan’s vermittelnden Gehölze waren: Acacia Sejal und verugera, Ficus trachyphylla, Batamtes, Tamarinden und Kigelien, von Strauchformen: Bauhinia reticulata, Zizyphus Spina Christi

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_107.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)