Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V 075.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sah, daß meine Effecten seine Habsucht nicht befriedigten, auch späterhin keinerlei Versuch, mir seinen Schutz angedeihen zu lassen. Ich und wir alle verdanken unser Leben einem Manne, dem Maina Arami, dem einzigen, der eines mäßigen Grades von Ansehen und Macht genießt. Er rettete uns in der Nacht unserer Ankunft aus den Klauen der Bardaïer mit ihren Lanzen und Wurfspießen, und brachte uns bis vor die Thür seines Hauses, indem wir während eines ganzen Monats liegen blieben und er über unser Leben wachte. Er that dieß alles in der eigennützigen Idee, den Rest meiner Habe allein zu verschlucken, – doch er that es, und ohne ihn hätte ich nie Fezān wiedererblickt. Durch das Versprechen meiner Kameele und anderweitige Hoffnungen, welche ich ihm erregte, gewann ich seinen Beistand zu unserer Flucht. In der Nacht vom 3. auf den 4. September entwichen wir mit einem Kameele Arami’s, das einen kleinen Dattelvorrath trug, kamen am 8ten auf der Westseite der Centralkette im Enneri-Ausso[1], einem Nebenflusse des Aru an, verließen denselben am 11ten, wo wir den Aru[2] passirten, überschritten bei Nacht (12. auf 13. September) den Uduï, weiter östlich als das erste Mal, und erreichten in NNW.-Richtung am 14. Abends den schon früher passirten Enneri-Lolemmo im Gebirge Afafi.

Es war mir gelungen ein Kameel zu miethen, und außerdem hatten wir das Kameel des Merabit Bu-Zīd. Das erstere verloren wir zu Afafi; das zweite trug das Gepäck seines Herrn und unsern Wasservorrath, und seine Kräfte reichten bis zum Tümmo-Gebirge. Schon von Afafi aus trug jeder selbst seinen kleinen Dattelvorrath, der unsere einzige Nahrung bildete, und nicht selten mußten die Diener auch die Wasserschläuche tragen. Von der letztgenannten Station aus beschwerte uns kein Mundvorrath mehr, doch mußten wir alles Wasser auf den Schultern mit uns führen. So gelangten wir nach einer Hungerkur von 2 Monaten, einer täglichen Wasserration von 3 Gläsern bei 10–12stündiger Fußwanderung, während der letzten fünf Tage ohne eine Spur von Nahrung, schmutzig, halbnackt am 27. September nach Tedjerri, der ersten Ortschaft Fezān’s, wo unsere Wiederkehr und besonders die Art derselben nicht geringe Verwunderung und Bewunderung erregte. Einen genaueren Bericht meiner Erlebnisse und Beobachtungen verschiebe ich auf die nächste Zukunft.


  1. Entweder ist also die von Rohlfs gegebene Nachricht (S. 33) falsch, daß der Ausso östlich von Borde in einem nordsüdlichen Thale fließe, oder es ist damit ein anderes gleichnamiges Flußthal gemeint: welches in einem so beschränkten geschlossenen Landgebiete kaum wahrscheinlich ist.
  2. Aru ist also nicht, wie bei R. und P. der Name des oberen Abo- oder Uro-Thales selbst.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_075.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)