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Landschaft bis zur Vereinigung der Flüsse im No-See. Ununterbrochen den Strom aufwärts treibend, kamen wir in der Nacht bei einem zweiten Bevölkerungscentrum, Abu-Uscher von den Schiffsleuten genannt, vorüber, wo der Sitz des Stammoberhaupts sein soll und zahllose Feuer die Menge der Hütten verriethen.

6. Februar. Heute gewinnen wir eine sichere Stelle am rechten Ufer, indem das linke, allerdings noch in der Ferne von einer ununterbrochenen Hüttenreihe begrenzt, vom Fahrwasser durch ausgedehnte Flächen hohen Sumpfgrases geschieden erscheint, welche ein plötzliches Herüberkommen der Schilluk (in wenigen Minuten wie gestern) nicht befürchten liessen. Das rechte Ufer ist hier bedeutend höher als das gegenüber liegende,[1] das Land steigt schnell an und gewährt eine weite Fernsicht über das feindliche vis-à-vis, wo Gruppen von Negern am Ufer hin- und herziehen, um unsern Bewegungen zu folgen. Die Gegend hier ist ausgedehnte, endlose Steppe, nur von niederem Buschwerk und kleinen dichtgestellten Acacien unterbrochen. Ein 4–6 Fuß hoher Boswellia-Strauch ist sehr verbreitet, er liefert wahrscheinlich das Material zu den großen tütenförmigen Pechfackeln, deren sich die Neger in den oberhalb gelegenen Gegenden bedienen. Am Uferrande selbst, zwischen dem alles erfüllenden Om-Ssuf-Grase finden sich an Stellen, wo die Strömung gänzlich in Stocken geräth, massenhaft zusammengehäufte kleinere Wassergewächse angesiedelt, unter ihnen die Pistia, die zierlichen Azolla-, Lemma-, Jussieua- und Cyperus-Arten. Polygonum tomentosum W. ist nächst P. glabrum eine der häufigsten Erscheinungen im hohen Sumpfgrase. Von den Jussieuen sind J. repens und J. villosa die häufigsten. Letzgenannte Art bildet oft fast verholzende Halbsträucher von 6–7 Fuß Höhe, und ziert durch die Menge ihrer gelben Blüthen diese unabsehbaren Massen des freudigsten Grüns. In einiger Entfernung wurden Giraffen wahrgenommen und vergeblich verfolgt. Als der Abend herankam, stiessen nun zu uns noch 6 andere mit Bewaffneten überfüllte Barken, und wir waren nun zusammen an die 450 Mann.

7. Februar. Vor Sonnenaufgang wird die Serāf-Mündung passirt und um 8. Uhr haben wir den sog. Gebel-Serāf, den ersten Hügel seit dem Defafang-Berge, genau im S. der Nadel. Gegen 10 Vm. wird am linken Festlandufer, angesichts im Abstande von 1 Seemeile sich ausdehnender Dorfreihen gehalten, und in kurzer Zeit eröffnet sich ein grossartiges Bild des regsten Marktgewirres. Es waren in Zeit von ½ Stunde wieder einige Tausend Schilluk beisammen; allein diesmal war das Fürchten ganz auf Seite der Letzteren. Nach Verlauf


  1. Wie Werne so häufig in seiner Reisebeschreibung betont.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_051.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)