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über 10 Fuß Länge schneiden; gerade Stücke sind bei der knorrigen und vielfach gewundenen Textur des unregelmäßig verzweigten Holzes überhaupt nicht aufzutreiben. Mastbäume und Segelstangen (solche von Tannenholz gelangen nur selten nach Chartūm) müssen durch Zusammenflicken zahlreicher, durch frisch umgewickelte Rindshäute befestigter Stücke hergestellt werden, daher die ewige Calamität des Brechens bei heftigen Windstößen, wodurch die Fahrten sich häufig sehr verzögern. Zu all diesen Uebelständen gesellt sich noch die äußerst harte und zähe Textur des Holzes. Nägel vermag man in dasselbe nur durch Vorbohren zu treiben, die Unregelmäßigkeiten der Textur und des Faserverlaufs muß die Axt mühsam ausgleichen, auch die Säge, bei der ungeschickten Handhabung der dortigen Zimmerleute, vermag nicht völlig regelmäßige Planken herzustellen. Nachdem diese Umstände erwähnt wurden, die den Schiffsbau so außerordentlich erschweren, wird es um so mehr auffallen zu erfahren, daß man hier bei der Mehrzahl der Barken ganz ohne Anwendung von Rippen verfährt, welche die bis 1 Fuß dicken Schiffswände zusammenhalten, die aus unzähligen kleineren und größeren Plankenstücken zusammengefügt sind. Eine leere Barke erscheint daher von innen gesehen bei ihrer großen Breite und Tiefe völlig der halben Schale einer Haselnuß gleich. Die Wölbung der Schiffswände erzeugt man dadurch, daß man die aufeinander gestellten Planken durch senkrecht eingetriebene Nägel verbindet, und zwar dergestalt, daß man die dazu erforderlichen Bohrlöcher seitlich von oben nach unten in die obere Planke treibt und an der nächst folgenden unteren auf der anderen Seite hervortreten läßt. Auf diese Weise vereinigt ein jeder Nagel je 7 Planken miteinander. Die große Mühe, welche diese Art Schiffsbau erfordert, die vielen verbrauchten großen Eisennägel und die schnelle Abnutzung von Beil und Säge bei der Bearbeitung des harten Holzes vertheuern die Herstellungskosten einer solchen Barke außerordentlich, so daß sie 5–6 mal theurer zu stehen kommt als das schönste Eichenboot von gleicher Größe in Europa. Ich bin überzeugt, daß eine solche Sudan-Barke auf jeder maritimen Ausstellung die größte Bewunderung der Sachverständigen erzielen würde und habe ihre Construction aus dem Grunde genauer besprochen, weil ich in keiner Reisebeschreibung etwas über diesen Gegenstand gelesen habe.

Eine kurze Strecke oberhalb Hellet Kaka, wo die Ufer, so weit das Auge reicht, eine baumleere Steppe bilden, umgürtet sich wieder der Fluß mit dichtem Waldsaume, zahlreiche Tamarinden und grünende Schubahi-Acacien beleben aufs Neue die Uferlandschaft. Bald war die Djurāb-el-Esch genannte Stelle erreicht, wo der Nil auf zwei Meilen eine ausnahmsweise südöstliche Richtung der stromaufwärts segelnden Barke darbot, welche, da der N.-O.-Wind hierzu nicht

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_039.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)