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lange Zeit hindurch absatzweise die herrlichen Früchte reifen. Gewöhnlich steht die Banane auf den canarischen Inseln in kleinen Gruppen von 8–10 Stück in unmittelbarer Nähe der Hütten. Auf der Nordseite von Teneriffa aber, zwischen Icod und Garachico, fanden wir nachher ganze Wälder von Bananen, mit Dattelpalmen, Bambusrohr und Drachenbäumen gemischt.

Am folgenden Tage besuchten wir einige von den wenigen Gärten, welche in Santa Cruz und dessen nächster Umgebung zu finden sind. Obwohl von geringem Umfang, enthalten dieselben doch manche merkwürdige Tropenpflanze, die Annona, den Kaffeebaum, Brodfruchtbaum, Zimmtbaum, Drachenbaum und die edle Königspalme von der Havana, mit schneeweißem Stamme und schneeweißen Blüthen zwischen der dunkelgrünen Blätterkrone (Oreodoxa regia). Das merkwürdigste aber war uns ein Exemplar des berühmten afrikanischen Affenbrodbaums (Adansonia digitata). Von diesen, wie von den canarischen Drachenbäumen existiren noch gegenwärtig einzelne Stämme, welche zu den ältesten Baumindividuen der Erde gehören. Mit Sicherheit übersteigt ihr Alter 2000, möglicherweise sogar 4 oder 5000 Jahre. Die ältesten in Afrika gefundenen Stämme des Baobab oder Affenbrodbaums, deren Alter man auf mehr als 5000 Jahre berechnet, erreichen einen Durchmesser von 30 Fuß und einen Umfang von 90 Fuß. Dabei ist der Stamm nur ungefährt 80 Fuß hoch, so daß er mit seiner flachen, schirmförmig ausgebreiteten Blätterkrone einem colossalen Pilze gleicht.

Unter den wenigen öffentlichen Plätzen von Santa Cruz zeichnet sich ein schöner Promenaden-Platz durch ein Wasserbecken und durch üppige Pflanzenanlagen aus. Wir hatten am Abend zuvor hier die hübsche Musik der spanischen Garnison spielen gehört und dabei die Damenwelt von Santa Cruz bewundert, berühmt durch ihren Wuchs und ihre dunklen, man könnte sagen vulkanischen Feueraugen. Gleich „den Damen von Sevilla, mit Fächer und Mantilla“, lustwandelten hier die Schönen in ihren zierlichen, schwarzseidenen Schleppkleidern und erfreuten sich der Musik und der köstlichen abgekühlten Abendluft. Als wir jetzt bei Tage diesen Platz wieder betraten, wurden wir durch eine Allee der prachtvollsten Wolfsmilchbäume überrascht, hochstämmige Euphorbien, welche über und über mit riesigen scharlachrothen Blüthen bedeckt waren. Während wir unser Erstaunen über diese Blüthenpracht äußerten, wurden wir von einem hinter uns stehenden Herren deutsch angeredet. Es war ein geborener Schweizer, Namens Wildpret, der seit einigen Jahren als Director des botanischen Gartens in Orotava angestellt war. Die Bekanntschaft mit diesem kenntnißreichen und gefälligen Manne war uns in den folgenden Tagen von

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_009.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)