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Auch von ihnen, wenn sie einmal rationell und auf demokratischer Grundlage eingerichtet sind und ihre Verwaltung von Sachverständigen kontrolirt wird, verheißen wir uns den wohlthätigsten Einfluß nicht nur auf den Gesundheitszustand, sondern auch auf die sittliche Hebung der arbeitenden Klassen. Nur sollen ihnen alle internationalen, propagandistischen Zwecke fern bleiben; nur sorge man dafür, daß sie nicht zu Unterstützungskassen für Strikende werden – das hat der Industrielle, dessen Interessen der Staat das Wohl seiner Arbeiter als gleich berechtigten Faktor gegenüber stellt, zu fordern unbedingt ein Recht. Die Krankenkassen dienen zur Unterstützung der Erkrankten und Arbeitsunfähigen, nicht aber sollen sie zur Unterhaltung eines Kriegszustandes benutzt werden können, in dem der Arbeiter, von jenen aus beständig mit neuer Munition versehen, zu geeigneter Zeit die wehrlosen Arbeitgeber überfallen und zu Konzessionen zwingen kann.

Das ist internationales Gewächs, schweizerisch ist es nicht!

Die Idee und der Plan, jene Kassen in diesem Sinne zu mißbrauchen, beweisen uns überdieß nur allzusehr, wie wenig jene Tonangeber des gedrückten Arbeiterstandes den hohen sittlichen Werth der Assoziation, der Vereinigung der vereinzelt ohnmächtigen Kräfte zu gegenseitiger materieller und sittlicher Hebung zu würdigen im Stande sind; wie es ihnen überhaupt weniger um diese, als um die Sammlung von Streitkräften zu thun ist, die die „Macht des Kapitals“ und – läugne man es nur nicht! – auch die Macht der Bildung und der Intelligenz brechen sollen.

Empfohlene Zitierweise:
Carl Zehnder: Aerztliche Glossen zum Fabrikgesetz-Entwurf : mit Anhang. Cäsar, Zürich 1876, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:ZehnderAerztlicheGlossen.pdf/54&oldid=- (Version vom 1.8.2018)