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daß Hunderte von Kindern der Fabrikarbeiterinnen zu Grunde gehen, weil sie der mütterlichen Pflege entbehren?[1]

Allein würde die Sache damit besser, wenn wir die Mütter von der Fabrikarbeit fern hielten und ihnen und ihren Kindern zugleich auch den Ertrag derselben entzögen?

Wir wagen dieß zu bezweifeln und legen unserseits weit größeres Gewicht darauf, daß jener Ertrag die Mittel zum Lebensunterhalt vermehrt, als daß die Mutter vielleicht hungernd und frierend bei ihren Kindern zu Hause sitzt.

Nur Eins hätte etwas mehr Berücksichtigung verdient, die Erfahrung nämlich, daß es gewisse gewerbliche Beschäftigungen gibt, deren schädlichen Einflüssen das weibliche Individuum an sich weniger Widerstand entgegensetzt als das männliche, und von denen jenes auszuschließen dem Bunde wenigstens dadurch Gelegenheit geboten werden sollte, daß der Bundesrath ähnlich wie bei Kindern ermächtigt würde, diejenigen Fabrikzweige zu bezeichnen, in welchen Frauen überhaupt nicht beschäftigt werden dürfen.

Noch dringender aber müssen wir die Aufnahme einer solchen Bestimmung befürworten um der kommenden Generation willen.

Das Kind im Mutterleibe und das Kind an der Mutterbrust ist vor Gefährdung seines Lebens und seiner Gesundheit gewiß energischer zu schützen, als der Entwurf dieß in Aussicht genommen hat.

  1. Mit der Vermehrung der Fabrikarbeiterinnen hat nach Göttisheim die Kindersterblichkeit in Basel um 12 % zugenommen.
Empfohlene Zitierweise:
Carl Zehnder: Aerztliche Glossen zum Fabrikgesetz-Entwurf : mit Anhang. Cäsar, Zürich 1876, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:ZehnderAerztlicheGlossen.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)